Sidney springt, dreht sich im Kreis, hüpft auf den Hinterpfoten und macht einen Handstand. Auf dem Kopf des Spaniels sitzt eine Weihnachtsmütze, während er fehlerfrei die erste Strophe von "Oh Tannenbaum" bellt. Ganz erfreut über seinen Erfolg schlägt er flugs einen Salto hinterher, um sich dann hechelnd ein paar Streicheleinheiten bei Frauchen abzuholen.
Hunde für die Handtasche
Spätestens jetzt ist klar, dass es sich bei Sidney um keinen normalen Hund handeln kann. Die ‚Nintendogs‘ haben unsere Wohnzimmer erobert und lassen jeden echten Artgenossen neidisch in der Ecke versauern. Der Erfolgskurs der kläffenden Vierbeiner scheint nicht zu stoppen zu sein: Allein in Europa hat sich ‚Nintendogs‘ seit dem Release Anfang Oktober bereits über eine Millionen Mal verkauft. Besonders auf die weiblichen Käufer hat es Nintendo offenbar abgesehen, um ihnen bei dieser Gelegenheit den Nintendo DS schmackhaft zu machen: Klein, elegant und passend für (fast) jede Handtasche. Dazu ein Spiel, welches das weibliche Herz höher schlagen lässt. Wer kann schon diesen Knopfaugen widerstehen? Es ist also sicher kein Zufall, dass der DS in der neuen Rosa-Variante im Bundle mit den ‚Nintendogs‘ verkauft wird.
Für faule Tierfreunde
Der Erfolg der virtuellen Vierbeiner erklärt sich fast von selbst. Bereits der erste Praxistest lässt Bello und Co. im wahrsten Sinne des Wortes im Regen stehen: Wind und Nässe laden nicht gerade zu einem Spaziergang an der frischen Luft ein. Wie gut, dass im Nintendo-Land stets die Sonne scheint und ich meinen kleinen Liebling so gemütlich vom Sofa aus durch die Straßen scheuchen kann. Wieder zu Hause angekommen, braucht man keine dreckigen Pfotenabdrücke auf dem frisch geputzten Flurboden zu fürchten. Lediglich die Fellpflege sollte bedacht werden, um Sidney und Gefährten bei Laune zu halten – doch auch das ist virtuell eine der leichteren Übungen. Beim anschließenden Kuscheln auf dem Sofa jedoch zeigen sich erste Nachteile: So richtig knuddelig ist der kleine, harte DS dann doch nicht. Wie wäre es mit einem austauschbaren Fellüberzug im Stile der Handyhüllen? Eine Marktlücke!
Viele Spielstunden später kristallisiert sich ein weiterer Nachteil heraus, mit dem die meisten Konsolenspiele zu kämpfen haben: Sind erst einmal alle Items gefunden und freigeschaltet, fehlt es schnell an weiterer Herausforderung. Während man sich bei den ‚Sims‘ einfach ein paar neue Items herunterladen kann, die neuen Schwung in den Spielverlauf bringen, suche ich dieses Feature bei den ‚Nintendogs‘ natürlich vergeblich. Und dennoch komme ich einfach nicht von ihnen los.
Allzeit bereit
Das eigentliche Erfolgrezept der ‚Nintendogs‘ ist allerdings ein anderes: Wäre eine solche Simulation für PC oder eine andere Konsole erschienen, wäre es bei Weitem nicht dasselbe geworden. Nur ein Handheld hatte die Möglichkeit, aus den ‚Nintendogs‘ einen echten Hit zu machen: Klein, flexibel und immer zur Hand. Was nutzt ein virtuelles Haustier, das ich nur an meinem PC streicheln und bei Laune halten kann? Der DS dagegen ist im Alltag allgegenwärtig. Ob im Wohnzimmer vor dem Fernseher, in der Straßenbahn, im Park oder auf der Arbeit, der schmale DS passt in jede Tasche und lässt die ‚Nintendogs‘ ein Teil des eigenen Lebens werden. Wie oft habe ich mich dabei erwischt, extra fünf Minuten früher aufzustehen, um Sidney und seinen beiden Spielgefährten vor der Arbeit schnell noch ein Frühstück servieren zu können. Denn keiner möchte mit dem bösen Blick empfangen werden, den die kleinen Lebensgefährten aufsetzen, wenn man sie dann doch mal vergessen hat. Nichts ruft mehr Schuldgefühle hervor als ein beleidigter Hund mit seinen vorwurfsvollen schwarzen Knopfaugen.
Das etwas andere Spiel
Füttert man sie also immer schön brav, sind die ‚Nintendogs‘ die perfekten Hausgefährten: Pflegeleicht, stubenrein und mit einem Knopfdruck ausschaltbar. Lediglich beim Kuschel-Faktor gibt es Abzüge. Ansonsten hat es Nintendo geschafft, mal wieder ein etwas anderes Spiel auf den Markt zu bringen, das die Fähigkeiten und Stärken des DS sinnvoll ausnutzt.