"Klick, Klick, Klick", macht die Maus, und aus den 80 Watt-Billigboxen meines Rechners tönen die dazugehörigen Kampf-Laute. Wieder sind meiner mächtigen Seraphim drei Goblins zum Opfer gefallen. Ich spiele Sacred, das lange erwartete Action-RPG aus dem Hause Ascaron. Die mittelalterliche Fantasy-Welt Ancaria wird von dämonischem Gesocks überflutet! Und wer ist mal wieder der Trottel, der den Müll rausbringen soll? Moi…
Was für ein Wirbel das vor dem Release doch war. Sacred galt wegen seiner Ähnlichkeit zu einem gewissen teuflischen Hack & Slay-RPG aus den USA als Action-Rollenspielhoffnung des Jahres. Und über weite Teile kann das Spiel die Erwartungen erfüllen.
Alles beginnt genretypisch – mit der Erstellung eines Chars (Charakters). Zwischen sechs verschiedenen Rassen kann man hier wählen: Seraphim, Waldelfin, Magier, Gladiator, Dunkelelf und Vampirin. Alle spielen sich vollkommen unterschiedlich. Es gibt für jede Klasse bestimmte Gegenstände und Sprüche die nur sie verwenden kann. Ob passive Zauber oder Angriffshickhack – dank der Fülle an Möglichkeiten sollte für jeden Spieler etwas dabei sein.
Anders als bei Diablo 2 gibt es in Ancaria unzählige Nebenquests und die Möglichkeit sofort die gesamte Spielwelt zu erkunden. Grenzen werden einem eigentlich nur durch die eigene Stärke gesetzt, da natürlich die Monster in der großen weiten Welt nicht dasselbe Newbie-Niveau haben, wie rund um den Startpunkt. Natürlich empfiehlt es sich aber zuerst (oder paralell) die Hauptquests bzw. Story abzuschließen.
Der maßgebliche Punkt bei Sacred ist nicht die Standard-Story oder die wunderbar durchdachte Spielwelt. Wer so etwas sehen will, sollte ganz schnell die Gothic 2-CD in sein Laufwerk schieben, es ist, wie beim großen Vorbild Diablo 2, der Sammeltrieb. Rüstungen und Waffen wollen gefunden, gekauft und ausprobiert, Zaubersprüche bzw. Special Moves erlernt und Kombos erstellt werden. Halt! Kombos? Was ist das denn! Eigentlich handelt es sich hierbei um eine Komfortfunktion. Bei bestimmten NPCs wird es euch ermöglicht Kampfkombinationen (z.B.: Feuerball, Schwertschlag, Feuerball, Wirbelschlag) zu erstellen, die dann auf Wunsch ausgeführt werden.
Lange Wege zwischen den Zieldestinationen gibt es auch in Sacred. Wer es sich leisten kann, kauft sich deshalb Pferde, und kommt so schneller ans Ziel. Die Gäule kann man übrigens auch dazu verwenden Gegner niederzutrampeln. Sitzt man allerdings auf seinem hohen Ross, ist es nicht möglich gewisse Angriffe auszuführen.
Das ist also ein weiterer der kleinen aber feinen Unterschiede zwischen dem Thronanwärter und Diablo 2. Das deutsche Produkt hat mittlerweile aber zumindest wenn man den Battle.net-Bonus weglässt die Nase vorne. Es ist einfach schöner und umfangreicher. Steuerungstechnisch nehmen sich die beiden Produkte nichts, sie spielen sich im Grunde vollkommen gleich.
Im Multiplayermodus macht die Monster-Hatz natürlich noch ein Eckerle mehr Spaß als alleine, unterscheidet sich aber nicht maßgeblich von der Einzelspielererfahrung. Weil die Server-Performance am Ascaron-Zentralrechner zum Verkaufsstart noch erbärmlich war, haben die Entwickler nun die Kapazitäten erhöht.
Was Dungeon Siege nicht gepackt hat, ist nun Sacred gelungen. Nach fast vier Jahren gibt es endlich eine echte Alternative zu Diablo 2. Dadurch kann das Ascaronie-Produkt schon gar kein schlechtes Spiel sein! Allerdings sollte man diesen Sieg gegen den mittlerweile zum Oldie mutierten Blizzard-Mausvernichter auch nicht allzu hoch bewerten. Sacred hat seine Schwächen, ist in Sachen Story und Atmosphäre alles andere als brilliant. Aber das Spiel macht Spaß und letztendlich kommt es darauf an. Wer auf Action-RPGs bzw. Hack & Slay steht, kann sein Geld derzeit kaum besser investieren, Hardcore-RPGler werden aber entgegen den ersten Ankündigungen genausowenig befriedigt wie innovationssuchende Anti-Klon-Apostel…