A little bit conversation

Die Zeit fließt dahin, die Wörter jagen durch den Raum, das Gespräch neigt zu einem endlosen Diskurs über dies und das, jenes und welches, etwas und gar nichts. Jack Norm, das seid ihr. Ihr, der Spieler. Eigentlich auf Urlaubsreise werden eure erholsamen Wochen jäh unterbrochen. Walter Jones, ein ebenso erfolgreicher wie machtbesessener und misanthropisch veranlagter Großindustrieller, ist tot. Die Todesumstände sind merkwürdig. Der ursprünglich ermittelnde Beamte liegt im Krankenhaus. Nun ist es also an der Zeit, dass ihr den Job übernehmt.

Ein Hubschrauber kämpft sich durch das tobende Unwetter. Langsam und unter größter Vorsicht setzt er nur wenig später auf einer Landeplattform auf. Benommen vom anstrengenden Flug steigt ihr aus und werdet sogleich vom Anwalt des Verstorbenen in Empfang genommen. Es führt euch zur Leiche. Nach nur wenigen Sekunden ist klar: Walter Jones war zwar alt und an den Rollstuhl gefesselt, eines natürlichen Todes ist er dennoch nicht gestorben. Fingernägel in seiner Wange sowie Kratzspuren quer über sein Gesicht lassen einen Streit oder dergleichen vermuten. Es wird Zeit die übrigen Urlauber auf der Insel zu befragen. Jeder ist ein Verdächtiger und wie sich bald rausstellt hat jeder auch irgendwie ein Tatmotiv.

Auf dem Rückweg sammeln wir dann auch sogleich die ersten Beweise ein. Am Rollstuhl des Mordopfers finden wir Fingerabdrücke, leider fehlt uns aktuell das Werkzeug zur Aufnahme der Abdrücke. Fußspuren auf dem Boden lassen Rückschlüsse darauf, dass sich mehrere Leute am Tatort befanden. Wir finden einen Stofffetzen und Perlen einer Kette nicht unweit vom Tatort verstreut. Indizien haben wir somit schon ein paar Beisammen, Zeit diese im PPA näher zu betrachten. Der Personal Police Assistant, kurz PPA, hilf euch dabei Zeugenaussagen zu archivieren, Fingerabdrücke und Fußspuren zu vergleichen und mit weiteren Fotos, Dokumente und andere Beweisstücke zu einer schlüssigen Beweislage zusammen zu fügen. Dieser nützliche Helfer unterstützt euch somit dabei, zu jeder wichtigen Frage, die der Fall in seinem Verlauf aufkommen lässt, eine fundierte Argumentation aufzubauen. Walter Jones Mordfall will nämlich nach logischem und leider auch fast streng linearem Muster aufgedeckt werden. Wichtige Fragen müssen wie in einer Art Puzzlespiel mit Beweisen und Aussagen geklärt werden. Erst wenn ihr alle Puzzleteile beisammen habt gilt der Fall als gelöst.

Bis dahin habt ihr jedoch noch einen weiten Weg vor euch. Die wenigen Beweise, die ihr im Verlauf der Geschichte findet wollen mit Zeugenaussagen in eine logische Reihenfolge gebracht werden, woraus dann die Argumentation hervor geht. Dafür muss viel geredet werden. Jedes Verhör offenbart euch dabei neue Details. Informationen, die ihr wiederum mit anderen Aussagen und Beweisen vergleichen müsst. Nicht jeder der rund zehn Verdächtigen sagt konsequenterweise immer die Wahrheit.

Genau dieses Katze- und Mausspiel gibt der Geschichte eine gewisse Spannung. Ist Hubert de Nolent wirklich der erstklassige Anwalt, der seinem Arbeitgeber über alle Maße loyal gegenüber ist? Spielt seine trickreiche Persönlichkeit uns aber vielleicht diese Person nur vor? Hat Marc Jones wirklich so ein perfektes Verhältnis zu seinem Großonkel, obwohl dieser ihn in Zukunft bei seinem Wahlkampf nicht mehr unterstützen will? Ist Billy Jones finanzieller Engpass und die Hilfeverweigerung seines Onkels wirklich ein ausreichendes Tatmotiv? Oder steckt vielleicht der einheimische Fischer Kolio, dessen Tochter seit einem tragischen Unfall zusammen mit Walter Jones taub ist, hinter dem mysteriösen Mord?

Fragen über Fragen. Antworten zu finden ist schwierig. Die Dialoge strecken sich weit dahin. Es wird viel gesagt, ohne dabei wirklich viel zu erzählen. Marco Jones ist zum Beispiel ein Politiker im wahrsten Sinne des Wortes. Er redet oft um wichtige Fakten herum und hat natürlich zu all seinen Geschwistern ein perfektes Verhältnis. Hubert de Nolent als gewiefter Anwalt weiß auch, was er sagen darf und was er besser verschweigt. So redet man viel und verliert darüber manchmal auch die Übersicht für wirklich wichtige Fakten. Die grundsätzlich spannende Geschichte verliert sich so häufig in den langen Dialogen. Ausdauer ist hier gefragt.

Auf unserem Streifzug über die einst malerische, nun durch ein Unwetter unwirkliche und bedrohlich wirkende Insel, klicken wir uns dabei von einem Bild zum Anderen. Die Himmel ist in dunklem Blau mit einem schwarzen Schimmer gehüllt, Dauerregen, von einem starken Wind gepeitscht, macht jeden Spaziergang zur Qual. Nur allzu gut, dass es draußen wenig zu entdecken gibt und wir unsere Ermittlungen bald auf das Hotel beschränken können. In den schier endlosen Korridoren des Art-deco-Palastes irren wir häufig umher. Die kalten, mit Granit vertäfelten Wände unterscheiden sich kaum in ihrer unheimlichen Anmutung. Die komplette Szene wirkt so, als wäre sie perfekt für diesen Anlass entwickelt worden. Nichts lässt auch nur einen Funken Lebensfreude erahnen. Auf unseren langen Laufwegen werden wir schon bald von depressiven Gedanken geplagt.

Die Ermittlungen gehen nur langsam voran. Wir konnten zwar aufgrund von Handverlgeichen und Zeugenaussagen nachweisen, wer bei der Schildkrötenplattform am Abend der Tat war. Jedoch erweist sich unsere Hauptverdächtige schon bald als böser Reinfall. Das Autopsieergebnis von Walter Jones Leiche lässt die Geschichte in eine komplett andere Richtung tendieren. Nun suchen wir auf einmal nach einem Spezialisten ohne zu wissen, wer überhaupt dieser Spezialist sein könnte.

Ein Teil unseres Gewissens lässt und alsbald sogar noch Zweifel an unserer Intelligenz aufkommen. Aussagen wie „Damit ist die Sache klar. Dies ist ein Mordfall, also muss ich nur noch nach dem Mörder suchen“, lassen nicht gerade auf größere Denkleistungen unsererseits schließen. Nur gut, dass auch die Tatverdächtigen die ein oder andere Schote reißen. Vielleicht dienen diese Patzer auch nur der Ablenkung. Schließlich geht der Hotelturm langsam in den Fluten unter. Wirklich mitbekommen haben wir dies zwar auch erst ein wenig später, aber das tut der unangenehmen Situation keinen Abbruch.

Keinem Abbruch tut dies auch der langwierigen und monotonen Ermittlungsarbeit. Die Suche nach interessanten Beweisen und wichtigen Zeugenaussagen wird nur selten von kleinen Denksportaufgaben unterbrochen. Schwer zu lösende Rätsel gibt es kaum. Die meiste Zeit verbringen wir damit, aus den verschiedenen Beweisen eine schlüssige Argumentation zu bauen. Auf die Dauer halt grauer Polizeialltag, da kann auch die morbide Atmosphäre keine exotischen Elemente mit einbringen.

Benoît Sokal versucht in Sinking Island sein Gespür für eine gute Geschichte, morbide und authentische Schauplätze sowie interessante Charaktere mit dem zur Zeit beliebten Krimi-Genre zu verknüpfen. Er scheitert dabei an endlosen Dialogen, die die an sich spannende Geschichte in ihrer Brisanz verwässern, und einem zu monotonen Gameplay. Dazu kommen noch teils dümmlich übersetze und vertonte Dialoge, sowie lange Laufwege. Es gelingt den Spieleentwicklern leider nicht die komplexe Atmosphäre und die interessanten Charaktere zu einem guten Adventure umzusetzen. Was bleibt ist ein Spiel für Fans und Liebhaber morbider Dramen. Mehr leider nicht…

P.S.: Wer möchte kann Sinking Island auch mit einer Zeitbeschränkung spielen. So müssen die einzelnen Puzzlestücke zur Aufklärugn das Falles in einem gewissen Zeitrahmen aufgedeckt werden. Das rafft das Spielgeschehen zwar, vor langen Laufwegen und endlosen Dialogen schützt es aber auch nicht.

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