Einmal um die ganze Welt, der fremd- und selbsternannte Adventure – Spezialist dtp (u.a. „Sherlock Holmes“ und „Das Geheimnis des silbernen Ohrrings“) macht’s möglich! Mit der PC – Version des allseits bekannten Jules Verne – Klassikers „In 80 Tagen um die Welt“ veröffentlicht der deutsche Publisher eine lockere Adaption der ursprünglich im 19. Jahrhundert ansässigen Story und nimmt sich dabei einige Freiheiten heraus.
London 1899
Der Spieler schlüpft in die Rolle des hitzköpfigen, jungen Engländers Oliver Lavisheart, der gleich nach seiner Rückkehr aus Amerika mit der Tatsache konfrontiert wird, dass seine Familie während seiner Abwesenheit eine Heirat für ihn arrangiert hat. Auf der Suche nach Auswegmöglichkeiten kommt ihm die ungewöhnliche Bitte seines Onkels Matthew nun gerade recht: Oliver soll in 80 Tagen um die Welt reisen und dabei vier Dokumente aus den verschiedensten Städten mitnehmen, welche allesamt Matthews geniales Erfindertum beweisen. Dieser hat im Gespräch mit einigen seiner Kollegen nämlich etwas zu hoch gepokert und mit seinen unglaublichen Innovationen aus vergangenen Zeiten geprahlt – leider aber hat Matthew diese nicht mehr zur Hand. Nun droht ihm die Aberkennung seines Ingenieurstitels, sollte es ihm nicht gelingen, seinen ungläubigen Kollegen innerhalb von 80 Tagen vier seiner, über die ganze Welt verstreuten Erfindungen zu präsentieren.
Um dem Familienzwang zu entrinnen und seinen Onkel – der sein ganzes Vermögen auf ihn gesetzt hat – vor dem Ruin zu bewahren, macht sich Oliver sofort auf den Weg zu seiner ersten Station: Kairo. Aber Vorsicht: Die Uhr tickt..
Dort angekommen findet man sich zuerst in der auf den ersten Blick prächtigen Hafenlandschaft Kairos ein und muss sich seinen Weg zum Hotel bahnen – so die erste Aufgabenstellung. Dabei tun sich jedoch bereits die ersten Schwierigkeiten auf: Zwar begegnet man unzähligen Personen auf seiner Suche nach dem Ziel, viele scheinen jedoch auf den ersten Blick etwas ziellos und stellen sich auf den zweiten als völlig unsinnig heraus. Eine Interaktion mit den Nebendarstellern ist prinzipiell nämlich leider nicht möglich, auf Anrede bekommt man stets nur dumpfe Standard – Sätze wie „Ich bin Politiker, ich weiß von nichts..“ oder aberwitzig Zusammenhangloses wie „Tut mir leid, aber ich habe einen Termin bei meinen Psychiater“ zu hören. Britischer Humor in seiner miesesten Ausprägung?
Häufig stellt sich auch das Vorbeikommen an diesen als schwieriges Unterfangen heraus: Entweder man bleibt stecken oder man wird auf unschöne Weise von der Person weitergeschoben. So löblich die Darstellung zahlreicher Zivilisten auch grundsätzlich sein mag, in diesem Spiel stellt der Großteil jener ein absolut verzichtbares Element dar. Die Personen, die für den weiteren Spielverlauf auch wirklich von Bedeutung sind und mit denen man auch einigermaßen sinnvoll kommunizieren kann, werden leider nicht extra hervorgehoben und so stößt man sich des Öfteren an der erneuten Wiederholung bereits mehrfach gehörter Standardansagen.
Erste Schwierigkeiten und doch kein Problem
Die ersten Aufgaben, die es zu lösen gibt, sind im Allgemeinen recht simpel zu meistern. Unter anderem auch aufgrund der übersichtlichen Karte am linken Bildrand, die einem stets den Weg weist. Wer dennoch zu lange braucht, muss am nächsten Tag fortsetzen – auch Oliver braucht regelmäßig ausreichend Schlaf. Sollte es dem Spieler genauso ergehen, sollte sich dieser vorzugsweise zum nächsten Kontrollpunkt begeben, denn manuelle Speicherfunktion gibt es leider keine.
Einen weiteren Kritikpunkt stellt sicherlich auch die etwas schwerfällig gestaltete Objektaufnahme dar. Um ein Objekt auch wirklich aufgreifen und zu seinem Inventar hinzufügen zu können, muss man sich schon sehr exakt davor positionieren.
Dennoch besteht die einzige wirkliche Schwierigkeit des Touristen – Modus (Oh, hab ich noch nicht erwähnt, dass man zu Beginn aus drei Schwierigkeitsstufen wählen kann? Das wären dann nämlich: Tourist, Weltenbummler oder Abenteurer..) wohl darin, die Erfindungen innerhalb des vorgegebenen Zeitlimits beschaffen zu können. Wobei, jenes Limit kann man problemlos durch die Wahl des Schwierigkeitsgrades abstellen und sich auch ohne Zeitdruck auf die Reise machen. Ebenso abstellen kann man das Energielimit – wie bereits erwähnt, muss auch Oliver ab und an etwas Schlaf einholen (die Möglichkeit dazu gibt’s u.a. in den diversen örtlichen Hotels), ansonsten sackt dieser erschöpft zusammen und der Spieler verliert dadurch zwölf Stunden seiner wertvollen Zeit (im Spiel selbst natürlich..).
Um die Reise etwas beschleunigen zu können, werden zahlreiche Fortbewegungsmittel angeboten: von der Feluke und dem Elefanten über fliegende Teppiche und Uraltvehikeln bis hin zu rollenden Gummireifen und vieles mehr. Manches lässt sich auf Anhieb zwar nicht ganz so leicht zu lenken, man gewöhnt sich aber recht schnell daran. Gesteuert wird grundsätzlich durch die Kombination von Maus und Tastatur, wobei die Maus wie gewöhnlich den richtungsweisenden Part übernimmt, wogegen die Tastatur der Ausführung von diversen Aktionen dient. Gespielt wird aus der bekannten Verfolgerperspektive (z.B. Tomb Raider). Stehlen, schleichen, klettern, bestechen, reden, handeln – Oliver verfügt demnach über großes Repertoire an Möglichkeiten, um den Weg bis zur Endstation auch wirklich vollständig zurücklegen zu können. Im Laufe des Spiels begegnet man den verschiedensten Charakteren, dabei bekommt der Spieler u.a. die deutschen Stimmen von Toby Maguire (Spiderman) oder Deacon und Arthur (King Of Queens) zu hören.
Stationen einer Weltreise
Insgesamt hat man bei seiner Weltreise sieben riesige Orte zu bereisen, darunter Kairo, Bombay, Yokohama sowie San Francisco. Jede Stadt kann dabei mit ihrem eigenen Flair aufwarten – ob zwielichtige Basargegend, von der Bollywood–Filmindustrie vereinnahmte Region, die Welt der Geishas und Samurais oder das brodelnde Stadtleben inklusive zahlreichen Fast Food-Restaurants von San Francisco.
Die Darstellung der einzelnen Stadtelemente kann streckenweise durchaus überzeugen. Was jedoch die Grafik im Allgemeinen betrifft, sind teilweise zwar auch durchaus gute Ansätze sichtbar, bei genauerer Betrachtung der Objekte kann man jedoch zumeist die schwammigen Texturen und die sehr detaillose Abbildungen deutlich erkennen.
Trotz bestens ausgerüstetem Arbeitsgerät (2,0 Ghz, 1024 RAM, 128MB Grafikkarte) läuft das Spiel nicht immer einwandfrei und ruckelt stellenweise, vor allem wenn Oliver versucht einige Treppen zu bewältigen. Aus diesem Grund ist auf der offiziellen Homepage ab sofort auch ein Update verfügbar – dieses soll die Lauffähigkeit und die Stabilität des Programms verbessern und fügt am Beginn zusätzlich ein durchaus brauchbares Tutorial ein.
Stellenweise vermag „In 80 Tagen um die Welt“ durchaus gelungene Weltenbummler – Atmosphäre zu vermitteln, im Laufe des Spiels muss man dafür jedoch einige Umwege in Kauf nehmen. Auch wenn die PC–Version schlussendlich wenig mit dem als Vorlage verwendeten Romanklassiker gemein hat, die moderne Adaption hat durchaus seine Vorzüge.
Mal abgesehen von dem etwas eigenwilligen Humor sowie dem „fetzigen“ und so gar nicht altmodischen Soundtrack, dafür kann man sich aber an Features wie dem Ritt auf dem Kamel oder der Felukenfahrt übers Meer erfreuen.
Allemal ein netter Rätselspaß für zwischendurch, wenn auch ohne große Höhepunkte!