Wir alle haben es uns schon einmal gedacht: wenn wir an der Macht wären, wäre alles besser. Bei uns würde keiner arm sein, die Wirtschaft würde boomen und die Umwelt wäre intakt. Liberale würden unsere Regierung lieben und Patrioten stolz auf ihr Land sein. Doch ganz so einfach ist es nicht. Democracy lässt euch in die Haut der Regierenden schlüpfen…
Grundsätzlich dreht sich das Spiel nur um eine Menge Schieberegler, die von einer spartanischen grafischen Oberfläche begleitet werden. Das allerdings hat jede Menge in sich. Jede Veränderung der gesetzlichen Bestimmungen (z.B. Legalisierung von Cannabis oder sogar härteren Drogen, Verbot von speziellen Waffen) und finanziellen Rahmenbedingungen (etwa Kürzung von Sozialleistungen oder Erhöhung von Subventionen) hat Auswirkungen auf diverse Wählergruppen. Theoretisch ist es möglich alle acht inkludierten Nationen (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Schweden, USA) politisch vollkommen umzukrempeln. Wir wollen die Sozialisten zur treibenden Kraft in den USA machen und das Militär aufs Nötigste zusammenkürzen? Mit viel Tüftelei und Arbeit ist das möglich!
Dabei sollte man aber keine der zahlreichen Gruppen vollkommen gegen sich aufbringen, wie ich bei einem Putsch der Wirtschafter miterleben musste, als ich versuchte in den USA auf Umweltschutz und soziale Sicherheit zu setzen. Ziel von Democracy ist einfach als Präsident eines Landes wieder gewählt zu werden (wobei sich die politischen Systeme nicht unterscheiden, man braucht immer 50% der Stimmen). Dabei reagieren Wähler immer vollkommen nüchtern. Wichtige politische Instrumente wie PR und Marketing, vertuschende Aktionen oder polemische Reden fehlen. Eine perfekte Demokratie mit informierten Bürgern eben.
Wichtig ist es auch das Budget des Landes im Auge zu behalten. Wer sich zu stark verschuldet, muss büßen. Jede Runde (alle drei Monate fallen neue Taten an, nach jeweils vier Jahren wird gewählt) wird man außerdem vor politsche Entscheidungen gestellt. Aktive Sterbehilfe erlauben? Konservativen Hardliner oder Weltbürger als UNO-Botschafter ernennen? Man wird jeweils mit einer Pro- und einer Contra-Position eingedeckt und muss sich dann entscheiden, bevor die nächsten drei Monate anbrechen können. Einige wenige Bugs erschweren das Vorgehen ebenso wie Zufallsereignisse (z.B. Terroranschläge) das Amtieren behindern. Wenn zum Beispiel die Buttons genau das Gegenteil besagen wie der dazugehörige Text. Außerdem wird man mit Hintergrundinformationen zum Thema nicht gerade verwöhnt. Wer sich nicht sicher ist, ob Euthanasie gut oder böse ist, muss trotzdem klar Position beziehen.
Democracy gehört zu der Gattung von Spielen die Spaß machen, ohne dass man genau weiß wieso. So wie der rein textbasierende Fußballmanager auf meiner alten Shareware-CD zu seligen DOS-Zeiten. Mir gefällt es vor diese moralischen Entscheidungen gestellt zu werden, auch wenn es nicht immer einfach ist eine Position zu beziehen. Besuche ich den verhassten Diktator eines anderen Landes um damit die Handelsbeziehungen zu verbessern, Arbeitsplätze zu schaffen und eventuell Einfluss auf seine Politik zu nehmen? Oder ist es mir wichtiger mit solchen Verbrechern nichts zu tun zu haben und sie in keiner Weise zu unterstützen? Leider sind die Einflüsse meiner Entschlüsse nicht immer abseh- und abschätzbar. Für Tüftler und Politinteressierte ist Democracy einen Blick wert. Auch einen gewissen Lerneffekt kann man dem Spiel nicht abstreiten, auch wenn er sich auf das Erkennen von Zusammenhängen beschränkt. Verschiedene demokratische System lernt man nicht kennen. Der Preis von knapp 16€ bewegt sich auf jeden Fall im erträglichen Rahmen. Unentschlossene dürfen sich an einer Demo versuchen.