Wer hat nicht schon immer davon geträumt, auf einem Piratenschiff durch die Karibik zu segeln, sich die Sonne auf den Kopf knallen zu lassen und seine Mannschaft durch die Gegend zu scheuchen. Das Wasser besteht üblicherweise zu gleichen Teilen aus Süßwasser und Rum, zu essen gibt es den lieben langen Tag nur Bananen, man hat wochenlang die selben Klamotten an und hat keine Gelegenheit zu duschen – genauer gesagt: intensive Körperpflege war damals noch gar nicht erfunden. Wenn ihr also Lust auf ein Piratenabenteuer ohne die lästigen Nebeneffekte habt, solltet ihr meinen Review lesen …
Pirates! ist im Grunde genommen ein Remake des Klassikers aus C64-Zeiten, erdacht von Sid Meier (Civilisation, Alpha Centauri). Der Hauptdarsteller, das Alter-Ego des Spielers, versucht seine verschollene Familie zu finden, die offensichtlich vom bösen Baron Raymondo entführt und verschleppt wurde. Zu Beginn heuert man "ganz normal" auf einem französischen, spanischen, holländischen oder englischen Schiff an. Es kommt zur Meuterei und man setzt sich selbst als Kapitän der Schaluppe ein.
Fortan darf man als Spieler selbst entscheiden, welchen Kurs man einschlägt oder welcher Fraktion (sprich Nation) man angehören will. Ähnlich wie in GTA steigert sich das Ansehen bei einer Nation, wenn man die andere bekämpt. So kommt es im Spiel zB sehr oft vor, dass man die Seiten wechseln bzw. sich den Goodwill der Gouveneure erkaufen muss. Im Gegensatz zum geschichtlichen Verlauf scheint es aber in Sid Meier’s Karibik etwas drunter und drüber zu gehen: anstatt Spanien gegen den Rest der Welt wechseln oft die Stimmungen zueinander. Mal sind alle friedlich zueinander, mal kämpfen die Briten gegen die Franzosen, dann wieder die Spanier gegen die Franzosen und die Holländer und dann ist wieder alles ganz anders.
Man muss also höllisch aufpassen, dass man nicht gerade ein Schiff einer Nation kapert, die gerade einen Friedensvertrag mit einer befreundeten Nation unterzeichnet – Nachrichten haben sich damals zwar wirklich sehr langsam verbreitet, in Pirates! trifft das aber nicht zu.
Aber zurück zum eigentlichen Geschehen – natürlich will ich nicht immer mit einer kleinen, schimmligen Schaluppe herumgondeln. Eine Brigg oder vielleicht sogar eine Fregatte muss her. Wenn ich so in die Top 10 der gefürchtetsten Piraten blicke, hat eigentlich jeder der Piraten einen besseren Kahn als ich – ok, die haben ihre Schiffe offenbar auch "ehrlich" geentert. Mit etwas Geschick und Glück bekommt man so schon ganz am Anfang des Spiels einen richtig dicken Pott, trotzdem sollte man sich zumindest ein kleineres Schiff in der Flotte behalten – eine Brigg oder ein Kriegskanu der Indianer, diese eignen sich hervorragend zum entern großer, langsamer Schiffe. Die dicken braucht man vor allem um langsame Handelsschiffe oder dicke Kampfpotte zu kastrieren. Sobald man sich ein paar nette Schiffe geentert und ein bisschen Geld "verdient" (mehr dazu später) hat, kann man sich daran machen seine Familie zu finden (oder man macht alles gleichzeitig).
Die primäre Methode um an Geld zu kommen ist selbstredend die Piraterie – sprich der Protagonist begiebt sich auf die dunkle Seite der Macht und überfällt Goldschiffe, Handelsschiffe oder plündert Städte und Festungen.
Schiffe werden per Taste 5 in der Übersicht angewählt und angegriffen, man segelt auf sie zu und wartet was passiert. Ist das Opfer hoffnungslos unterlegen, kapituliert die Mannschaft sofort, sind sie etwa gleich stark, wird natürlich gekämpft – sprich gefochten.
Hierbei werden sieben Tasten (7, 4 und 1 für Angriffe, 8, 5 und 2 für Verteidigung und 6 für Täuschung) benötigt. Die 3 Verteidigungen kontern jeweils die drei Angriffe: 1, also der tiefe Schlag wird z.B. von 6 (Sprung) gekontert, 4 (gerader, kurzer Hieb) wird mit 5 (StandardVerteidigung) pariert. Für jeden Treffer taumelt der Gegner etwas zurück (und umgekehrt natürlich auch), ist dieser am Ende des Schiffes angelangt, hat man gewonnen – der Kapitän gibt auf, stürtzt ins Wasser oder beendet auf sonstige weise den Kampf – Blut vergossen wird keines, das Spiel ist also durchaus auch für jüngere Spieler sehr gut geeignet. Im Übrigen finden diese Kämpfe bei allen möglichen Gelegenheiten statt: eben beim Entern von Schiffen, bei Kneipenschlägerein oder wenn der Verlobte der Liebschaft gereitzt ist. Die Schlussanimationen (bei Aufgabe, Flucht, etc.) lassen sich übrigens mit der Escape-Taste abbrechen – allerdings sollte man dies bei den Top-10 Piraten tunlichst vermeiden, diese haben jeweils eine spezielle Animation.
Sollte man statt einem Schiff dann doch eine Stadt ausräumen wollen, hat man wieder zwei Möglichkeiten: die eine ist der "normale" Kampf gegen die Soldaten in der Stadt/Festung, die andere ist natürlich wieder ein Fechtkampf mit dem Oberbefehlshaber der Stadtwache (meist ein gut, vor allem aber schwarz gekleideter Mann mit Hut). Gefochten wird allerdings nur, wenn die Stadtwache hoffnungslos unterlegen ist – ansonsten, der "normale" Kampf, welcher sich in einem rundenbasierenden Ministrategiespiel präsentiert. Aus der Vogelperspektive werden Bukaniere, Piraten und Offiziere gegen die Verteidiger befehligt – das Prinzip entspricht etwa dem von Steel Panthers, allerdings spielen geographische Gegebenheiten wie etwa Anhöhen oder Felsformationen eine größere Rolle als bei konventionellen Titeln.
Des öfteren kommt es vor, dass man nicht so ohne weiteres in eine Stadt gelassen wird, obwohl man eigentlich nur friedlich Handeln will. In diesem Fall kann man sich immer noch Nachts in die Stadt schleichen, etwas unspektakulär, sorgt aber für Abwechlsung.
Eine weitere Möglichkeit, Geld zu verdienen, sind Schätze. Ausgerüstet mit einer Schatzkarte (diese bekommt man bei so ziemlich jedem zwielichtigen Typen in den örtlichen Tavernen) und ein paar Idioten die für den Chef schaufeln, kanns auch schon losgehen – ebenfalls sehr einfach gestrickt, bringt aber auf die Schnelle sehr viel Gold in die Kassen. Natürlich hat die Sache auch einen Haken: es gibt nur neun Piraten, die einen Schatz versteckt haben, also versiegt dieser Geldquell relativ schnell.
Die dritte Möglichkeit, seine finanziellen Mittel etwas aufzustöcken, ist letztendlich die ehrliche: ein kleines Tänzchen mit der Tochter des Stadthalters, dabei möglichst keine Fehler machen und schon bekommt man einen Kopfgeldauftrag zugesteckt. Im übrigen: Tanzen ist eine Sache, die stark an diese kleinen, bunten Kinderpianos erinnert … ihr wisst schon, diese Dinger mit den vier leuchtenden Tasten (rot, blau, gelb und grün), das Ziel ist es, einfach nur die richtige im richtigen Moment zu drücken. Die Lady gibt ein Handzeichen und der Spieler führt per Tastendruck eine entsprechende Aktion aus (4 und 6 für einen Schritt links oder rechts, 8 und 2 für vor und zurück, 1 und 3 für wenden). Das hört sich jetzt einfach an, ist es aber bei Leibe nicht. Je weniger Fehler beim Tanzen gemacht werden, desto mehr steigt das Ansehen bei der holden Weiblichkeit – bis eben, wie zuvor erwähnt, der Verlobte auftaucht und ein Duell verlangt.
Technisch gibt Pirates! nicht viel her – Standardgrafik, sehr guter Sound und konventionelle Steuerung – aber gerade das verhilft zu relativ angemessenen Hardwareanforderungen, somit dürfen sich auch Spieler mit einem einfacheren Rechner über den Titel freuen.
Böser Sid Meier! Ein dreiviertel Jahr nach Farcry sollten wir doch eigentlich wissen, wie eine Inselwelt auszusehen hat? Aber das sagte ich bereits, die grafische Aufmachung ist nicht so der Renner – aber der Spielspaß bleibt dadurch keineswegs auf der Strecke. In den ersten Stunden hat man Abwechslung pur. Immer wieder gibt’s neue Dinge zu entdecken und herauszufinden. Aber irgendwann wird’s dann doch langweilig.
Immer wieder die selben abgewrackten Typen, die selben Schiffsnamen, der selbe zwielichtige Händler in der Kneipe, das selbe Pfeifen beim Anheuern von neuen Piraten – mehr Abwechslung und ein paar mehr Modelle oder zumindest Skins für die gegnerischen Piraten wären nicht zu viel verlangt gewesen. Einzig bei den Top 10 Piraten hat man sich etwas angetan – eine etwas andere „Todesanimation“ (obwohl die Typen ja nur von Board gehen und nicht sterben), ein persönliches Design – das wars aber auch schon. Edward Teach (aka Blackbeard) hat mir übrigens recht gut gefallen, besonders der brennende Bart kommt gut rüber – allerdings wurde das Model (wie alle anderen) dann frevelhaft für andere Piraten „recycelt“, hier waren die Alternativskins ein Fehler …