Mogelpackung?

Half-Life 2 ist sicherlich das Spiel, um das der meiste Rummel im vergangenen Jahr veranstaltet wurde. Kaum ein Tag verging, ohne irgendwelche kleinen Infoschnipsel. Nachdem sich dann irgendwann herausgestellt hatte, dass es als "Zugabe" bzw. Ersatz für den anfangs fehlenden reinen Deathmatchmodus Counter-Strike: Source geben würde, ging für viele Fans fast ein zweiter Stern auf. Doch Valve hatte anscheinend noch weitere, hochgesteckte Ziele. Nicht nur Counter-Strike sollte mit der Source-Engine in neuem Glanz erstrahlen, es wurde auch ein Remake von Half-Life angekündigt. An diese Half-Life: Source Version kommt man jedoch nur, wenn man entweder die Collectors Edition für etwa 60€ oder mindestens die "Silver"-Version von Half Life 2 über Steam bezieht. Ein einzelner Kauf von Half-Life: Source ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht möglich.

Wer keine Kreditkarte hat bzw. diese nicht für Steam einsetzen will (immerhin war Valves Netzwerk so gut abgesichert, dass der Quellcode geklaut werden konnte, da will man lieber nicht wissen, wie gut die eigene Kreditkartennummer bei Valve aufgehoben ist), der greift zur Collectors Edition. Diese gibt es in zwei Varianten, die sich jedoch nur optisch voneinander unterscheiden. Die US-Fassung der Collectors Edition kommt in einer "normalen", übergroßen Pappschachtel und die europäische Collectors Edition wird in einer Metallbox ausgeliefert, allerdings erst seit Anfang Dezember 2004, also etwa zwei Wochen nach Release des Spiels. Hofft Valve hier vielleicht, dass es viele nicht erwarten konnten und so vielleicht das Game doppelt kaufen? Die Ausstattung der sogenannten CE-Version ist jedoch leider nicht so sehr das, was man sonst von Vorzeige-Sammlereditionen wie beispielsweise aus dem Hause Blizzard kennt. Auch in der CE gibt es außer einem Steamanleitungsfaltblatt kein Handbuch. Als Mogelpackung stellt sich auch der Strategieguide heraus. Hierbei handelt es sich lediglich um den Anfang des offiziellen Half-Life 2 Lösungsbuches im DIN A6-Format. Na wenigstens hier bekommt man so kleine Infos über Gegner und Waffen, die man ansonsten in jedem 08/15 Handbuch finden würde. Dazu gibt es noch schwarzes T-Shirt mit Half Life Logo in Größe L. Das Spiel befindet sich auf einer DVD, welche in einer schmucklosen schwarzen Slim-DVD Hülle liegt. Edel sieht es nicht aus. Was man dann als Collectors Edition-Käufer im Laden nicht bekommt sind die kleinen "Gimmicks", die der Steamkunde zusätzlich in Anspruch nehmen kann. Dieser kann sämtliche älteren Valve-Titel auch herunterladen (u.a. Half-Life, Condition Zero, etc.) Um nicht noch mal alle Probleme und Schwierigkeiten mit Steam zu wiederholen, sollten Interessenten einfach mal in unser Review zu Half-Life 2 schauen. Alles was dort über Steam und Half-Life 2 geschrieben steht (Installation, Aktivierung & Nutzung), findet genauso Gültigkeit bei Half-Life: Source, über das hier jetzt berichtet wird. Hat Valve sich hier ähnlich,wie bei Counter-Strike: Source, bemüht, das Spiel zu verbessern oder kann man gar darauf verzichten?

Same shit, different day

Am Spiel hat Valve recht wenig geändert. Auch in der Neuauflage beginnt Mr. Freemans Arbeitstag mit einer gemütlichen Bahnfahrt zum Forschungskomplex. Auf dem Weg zum Testraum erkundet man etwas die Anlage und dann passiert es wieder. Ein Dimensionstor wurde geöffnet und das Chaos bricht in der Forschungsanlage aus. Ehemals saubere Korridore sind stark in Mitleidenschaft gezogen, alle möglichen Anlagen sind ausgefallen, zerstört oder überflutet. Während nach und nach überall um einen herum die Monster aus den Wänden brechen, gilt es einen Weg aus der Anlage an die Oberfläche zu finden, um Hilfe zu holen. Doch bis dahin ist es nicht nur ein schwieriger Weg, sondern es kommt noch viel schlimmer. Die kompletten Level des Originals wurden 1 zu 1 von Valve von der Gestaltung und dem Design her übernommen. Man kriecht durch die gleichen Lüftungsschächte, kämpft sich durch Lagerhallen, Forschungskomplexe und an der Oberfläche entlang. Die KI der Gegner wurde aus dem alten Half-Life mit importiert und nicht durch die aus Half-Life 2 ersetzt, so kann man die spannenden und fordernden Kämpfe u.a. gegen Marines und Ninjas auch in der Source-Version erleben. Wenn auch die Gegner im Original stellenweise dennoch einen kleinen Tick besser und aggressiver erscheinen. Diese gehen in Deckung, flitzen umher, werfen Granaten und kommen aus allen möglichen Richtungen. So brechen sie durch eine Wand oder werden per Hubschrauber abgesetzt. Selbst Spieler, die Half-Life kennen, werden dennoch gut um die 10 Stunden zur Bewältigung der Source-Variante brauchen und dann rennt man schon wirklich durch die Level. Die präsentieren sich zu 99% so, wie im Original, fast ganz ohne Änderungen.

Was ist eigentlich anders ?

Diese Frage stellt man sich recht bald, wenn man die Source-Version von Half-Life spielt. Im Gegensatz zu Counter-Strike hat Valve hier fast nur eine eins zu eins Konvertierung erstellt und vermutlich alle Maps nur mal per Tool in die neue Engine portiert. Grafisch wurden die Level kaum verbessert, die inzwischen stellenweisen groberen und kantigen Abschnitte haben keinerlei weiteren Decos bekommen. Beim Wasser sind die größten Unterschiede sichtbar. Hier hat man nun alle grafischen Effekte, die man auch in Half-Life 2 hat. Viel Arbeit hat diese jedoch sicherlich nicht gemacht. Ansonsten sind einige Levelstellen leicht überarbeitet worden. Klettert man beispielsweise im Abschnitt "Surface Tension" an den Klippen herum, wurde der Bitmap Hintergrund entfernt und durch einige Felsformationen ersetzt, allerdings mit einem erschreckend geringen Detailgrad, so dass eine einfach High Quality-Version der Bitmaps sicherlich besser gewesen wäre. Ansonsten wurde teilweise das Lightning etwas verbessert bzw. sieht mit der Source-Engine besser aus, wie z. B. in "Interloper".

Durch die Physikengine purzelt nun auch die ein oder andere Kiste durch die Gegend, viele Sachen sind jedoch nach wie vor "fest". An einigen Wasserstellen wurden außerdem kleine Spielereien eingebaut und "stationäre Fässer" aus dem Vorgänger durch die neuen, blauen schwimmenden Fässer mit Physikeigenschaften ersetzt. Oder aber die hängenden Kisten am Anfang des Spiels wackeln nun, wenn man auf diese springt. Doch das sind alles recht geringe Änderungen und keine wirklich große Optimierung und Anpassung. Eine leichte grafische Verbesserung ist meist erkennbar, nur eben nicht vergleichbar mit Counter-Strike Source. Sehr unschön fällt dann auch noch auf, dass die Models im Spiel deutlich schlechter aussehen, als sie es eigentlich müssten. Mit dem AddOn Blue Shift gab es auch ein entsprechendes High-Detail-Pack. Charaktere und Waffen bekamen einen Polygon- und Detailschub verpasst. Diese "Update" wurde jedoch nicht in die Source-Variante integriert. Im Vergleich zum Vorgänger machten sich noch einige kleine Veränderungen bemerkbar. So scheint die Gauss-Waffe deutlich stärker gegenüber Fahrzeugen geworden zu sein und ein Heli ist damit auch auf "Schwer" mit einem Schuss beseitigt. Das typische Half-Life 1 Movement, welches auf Kisten und schmalen Vorsprüngen als etwas schwammig bezeichnet werden könnte, ist vorhanden, allerdings quietscht es nicht mehr laufend, wenn man auf Fliesenboden herumläuft, sondern lediglich ab und zu.

Was passiert eigentlich, wenn man die Collectors Edition, welche in der englischen Version vorliegt, mit der Sprache Deutsch bei Steam spielen will? In dem Fall werden über Steam deutsche Texte und Sprachfiles nachträglich geladen. Warum diese nicht gleich mit auf der Disk sind, weiß vermutlich nur Valve. Im Gegensatz zur hierzulande erhältlichen deutschen Fassung von Half-Life hat man dann zwar eine recht gelungene Sprachausgabe im Spiel, muss aber dennoch nicht gegen Roboter kämpfen und sich über auf dem Boden sitzende Leute wundern, welche den Kopf schütteln.
Das Menü ist ganz ähnlich wie in Half-Life 2 gestaltet. Zu einer Reihe animierter Hintergründe gibt es auch die Möglichkeit, den Trainingskurs zu absolvieren oder aber direkt aus dem Hauptmenü ein Kapitel des Spiels anzuwählen. Dabei sind alle 19 von Anfang an wählbar und müssen nicht erst freigeschaltet werden. Inzwischen braucht man endlich auch keine DVD mehr im Laufwerk, wenn man spielen will. Was jedoch fehlt in der Half-Life: Source Version ist der Mehrspielermodus vom Original.

Durch die Source Engine sind die Ladezeiten der einzelnen Abschnitte auch ein kleines Bisschen länger geworden, halten sich mit etwa 5-8 Sekunden aber noch in Grenzen im Vergleich zu Half-Life 2.

Ich würde Half-Life: Source als Mogelpackung bezeichnen. Sicherlich, es sind einige kleine grafische Verbesserungen vorhanden, wobei insbesondere das Wasser sehr positiv heraussticht. Zumindest an einigen Stellen hat sich Valve bemüht, so manchen Bitmap Hintergrund zu verbessern. Doch unterm Strich ist dieses Spiel nicht mehr als ein husch, husch konvertiertes Game. Da hätten sie es lieber einige Monate später veröffentlichen sollen, dann aber auch mit deutlicher Überarbeitung. Half-Life 2 bekommt man im Laden für etwa 40 €. Den Aufpreis von 20 € ist die Collectors Edition nicht wert. Der Strategieguide ist nur ein Werbeding für die 15€ Version des Buches und die DVD Hülle macht einen sehr billigen Eindruck. Da hätte Valve auch gleich Half-Life Source auf alle DVDs des Hauptspiels packen können. Platz wäre genug vorhanden gewesen. Das bedeutet jedoch nicht, dass Half-Life ein schlechtes Spiel wäre. Ganz im Gegenteil. Es hat auch nach all den Jahren viel Spaß gemacht, aus Black Mesa zu entkommen. Wer jedoch Half-Life schon hat, braucht die Source Variante nicht. Schöneres Wasser ist keine 20€ wert. Wer es jedoch noch nicht kennt, der sollte sich neben dem Nachfolger lieber das Generationpack 3 (vorzugsweise die englische, ungeschnittene) kaufen. Für etwa 20€ (bzw. 7 für Half-Life 1 allein) bekommt man zusätzlich beide Addons (Opposing Force & BlueShift) und dazu Counter-Strike und die Möglichkeit alle Mods aus dem Netz spielen zu können. Die Source Variante bekommt eine schlechtere Bewertung als die UR-Version. Am stimmigen Gameplay hat sich jedoch nichts geändert, aber die technische Umsetzung ist, im Hinblick auf die vorhandenen Möglichkeiten, ungenügend.

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