Gothic 1.5

Risen: Die Hafenstadt
Risen: Die Hafenstadt

Wer die ersten beiden Gothic-Teile nicht mochte, der kann Risen gleich vergessen. Die beachtliche Fangemeinde der Serie sehnte sich nach dem Debakel des dritten Teils wieder zurück in die alten Tage. Und genau das hat Piranha Bytes ihr auch vorgesetzt. Ich werde das Gefühl nicht los, dass es eher an mir liegt, dass ich das Spiel sehr mag, als am Spiel selbst. Bei jedem „objektiven“ Testsystem müsste das Ding eigentlich durchfallen. Es gibt einige Gründe es nicht zu mögen.

Das Kampfsystem ist zwar recht gut gelungen, aber ein falscher Schlag in einem wilden Kampf bei dem du einen NPC triffst und schon schlägt der dich nieder, klaut dir dein Zeug und redet fortan nicht mehr mit dir. Frustalarm.

Andere Baustelle: Oft wird man etwas ratslos über das weitere Vorgehen über die Insel laufen. Die Quests sind abgeklappert, keiner redet an einem Ort noch sinnvoll mit dir und du musst einfach mal losrennen und woanders weitermachen.

Auch atmosphärische Fehler werden euch auffallen: Wenn Figuren tagein, tagaus am selben Fleck stehen, hat das etwas Tragischkomisches. Ein Beispiel für einen besonders netten Blödsinn: Ein Wächter will als Gegenleistung für den Zugang zu einem Gefangenen von einer Prostituierten besucht werden. Nachdem ihr ihm die riesen-starrbrüstige Dirne (ich behaupte die Charakterdesigner haben noch nie eine nackte Frau gesehen) besorgt habt, stellen sich die beiden hinter die Hütte und bleiben dort für den Rest des Spiels nebeneinander. DAFÜR hab ich nun wirklich nicht meine (nur anfangs raren) Goldstücke ausgegeben, du Knalltüte!

Aber wenn man mich fragt, ist das egal. Das spezielle Flair der frühen Gothic-Serie ist nämlich sofort wieder da – und wenn man das mochte, ist Risen keine Enttäuschung. Der Grafikstil lässt von Beginn an nichts anderes zu, als sich daheim zu fühlen. Etwas kantig, schön verwaschen und trotzdem reizvoll (und im Vergleich zu G3 sogar sehr performant) bietet sich uns die Insel auf der wir mal wieder vom Nobody zum Superhero mutieren.

Auch sonst ist alles beim Alten. Anfangs darf man nicht allzu weit vom Weg abkommen, später metzelt man durch furchterregende Monsterhorden. Die gesammelten Lernpunkte wollen mit Bedacht für neue Fähigkeiten ausgegeben werden. Für frohmutige Verschwender wirds im Endspiel happiger.

Mit dem was das spieltechnisch abgeliefert wird, gibt man sich ja gerne zufrieden. Größer muss die Welt nicht sein. Anders brauchen sich die Kämpfe nicht zu spielen. Selbst manche Frusterlebnisse gehören für den geneigten GothicRisen-Fan irgendwie dazu und spornen halt zur Vorsicht an. Wie sehr ein „Größer, größer, GRÖßER!“ da eher in die Hose geht, hat eh Gothic 3 gezeigt.

Beim Charaktersdesign und Storytelling sparte Piranha aber zu sehr. Etwas mehr Leben und Überraschung darf die Spielwelt beim nächsten Mal ruhig bieten, sonst wird das alles irgendwann zu wenig. Wenn die Geschichte dermaßen 08/15 daher kommt und damit in den Hintergrund gerät, kann ich in Zukunft gleich wieder G2: Nacht des Raben spielen – das bleibt übrigens immer noch Piranhas bestes Spiel. Risen ist wohl einfach dazu gedacht, die alten Fans gefahrlos in ein neues Universum rüber zu führen, da die Rechte für Gothic ja nun woandes liegen. Und das macht es erfolgreich.

Cool? Dann erzähl doch anderen davon! Danke! :)