Als Hardcore-Zocker bin ich natürlich nicht nur in der virtuellen Welt unterwegs – auch klassische Spiele, wie eben Brett- und Kartenspiele, sind mir nicht fremd. So kommt es von Zeit zu Zeit vor, dass man einen neuen Satz Spielkarten benötigt. Als guter Österreicher will man natürlich den Gott der Kartenspiele – also Piatnik – nicht beleidigen und kauft seine Spielkarten (neudeutsch auch „Deck“ genannt – wobei mich das irgendwie an Yu-Gi-Oh! erinnert) eben bei diesem traditionsreichen Wiener Spielkartenhersteller.
Ich begab mich also in die Trafik, um einen neues Double Deck[1] anzuschaffen. Die Standardvariante hatten die örtliche Trafik allerdings nicht lagernd, so entschied ich mich kurzerhand für den Klassiker – auf der Verpackung prangt deutlich „2 × 55 Spielkarten“ sowie „RUMMY“ als eindeutiges Kennzeichen. Ich hatte keine Zweifel, dass sich das Spiel auch für Rummy eignen würde.
Nach dem Auspacken der Karten ereilte mich aber bereits das erste WTF-Erlebnis: anstatt der gewohnten Rückseite mit nüchteren blau-weißen bzw. rot-weißen Ornamenten erwarten mich dort irgendwelche dämlichen Fotos von Schiffchen – ganz anders, als die Darstellung auf der Webseite verspricht. Das zweite WTF-Erlebnis lies nicht lange auf sich warten: bereits nach der ersten Spielrunde fiel die Tatsache ins Auge, dass man anstatt der 6 Joker lediglich 4 „echte“ Joker ausliefert und die anderen zwei als „Hybridlösungen“ beifügt. Alibikarten mit einerseits einer Bridge-Punktetabelle und andererseits dem Piatnik-Logo – quer darüber findet sich ein kaum lesbarer Schriftzug, dass es sich wohl um die „Ersatz-Joker“ handle.
Ernsthaft: das konnte Piatnik schon besser, der alte Piatnik würde sich im Grabe umdrehen – bei einem Preis von 10 bis 12 Euro für ein Double Deck wird es wohl nicht zu viel verlangt sein, dass man nicht an zwei Karten spart. Die Piatnik-Werbung findet sich ohnehin z.B. auf dem Pik-Ass und ein geübter Bridge-Spieler braucht keine lausige Punktetabelle. Ein Rummy-Spieler möchte aber gefälligst ordentliche Joker zum Spielen. Eine alternative wäre auch, auf der Verpackung darauf hinzuweisen, dass nicht 2 × 55 Karten enthalten sind sondern eben nur 2 × 54 sowie je ein billiger Platzhalter. Ebenso könnte man irgendwo auf der Packung einen Abbildung anbringen, auf der das Motiv der Rückseite zu sehen ist – ohne die verschweißte Verpackungsfolie zu entfernen, sieht man das nämlich nicht – das grenzt fast an Etikettenschwindel.
Inzwischen habe ich mir wieder ein Standard-Deck zugelegt, ich kann mit diesen lächerlichen Karten einfach nicht spielen – ein bisschen Ästhetik muss sein. Den Fehlkauf hab‘ ich inzwischen weitervererbt, beim Poker braucht man glücklicherweise keine Joker – die dämlichen Schiffchen sind wie gesagt zu verschmerzen. Auf der Piatnik-Seite liest sich übrigens folgendes:
Die gleichbleibende, gute Qualität, die vertrauten Kartenbilder und die exquisiten Ornament-Reverse dieser Karten sind seit Jahrzehnten von vielen Spieltischen nicht weckzudenken.
Da kommts mir hoch: „Ornamente-Reverse“? WTF ich hatte Schiffchen! Sowie „vertraute Kartenbilder“ – auch die fehlten bei mir, ich hatte eine „Bridge-Bedienungsanleitung“ – sehe ich etwa aus wie eine senile Oma die sich mit ihren Häkelfreundinnen bei einer Tasse Tee zum Bridge trifft? Ich ziehe es vor, mich nicht direkt bei Piatnik zu beschweren, ggf. würde ich dann etwas unfreundlich – zudem hält das Standard-Deck, was es lt. Abbildung verspricht.
[1] ein einzelner Satz besteht üblicherweise aus 4 × 13 Karten (ein französisches Blatt) + 3 Joker = 55 Karten. Bei zwei Decks also in Summe 110 Karten. Bei Double Decks für Canasta sind pro Deck lediglich 2 Joker enthalten.