Trotz der starken Konkurrenz bei den Strategiespielen des Jahres 2002 hat es Soldiers of Anarchy bei unserem Jahresrückblick unter die Top 3 geschafft. In nicht allzu ferner Zukunft versuchen sich die Entwickler von Silver Style im Rollenspiel-Genre. Übrigens zum zweiten Mal nach dem Genre-Geheimtipp von 2001, Gorasul. Wir haben erste Informationen zu The Fall: Last Days of Gaia – und die deuten auf einen weiteren Hit aus den Berliner Studios hin. Ihr wollt nun mehr Details? Unsere Preview verrät euch alles, was es bisher zu wissen gibt!
Man schrieb das Jahr 2062. Die Menschheit war längst daran gewöhnt geklont zu werden, als Spielzeug der Forschung zu dienen. Der Krebs war endlich so gut wie besiegt und die NASA plante die Besiedelung des Mars. Doch kurz vor dem Start der Expedition, die den Roten Planeten bewohnbar machen sollte, kam es zu einem Terrorakt einer Sekte namens „Die Söhne der Lebenden“. Die Terraformer, welche die Atmosphäre am Mars mit CO2 anreichern sollten, wurden gestohlen. Nun begannen die Verhandlungen, doch während diesen kam es, aus Gründen die heute niemand mehr kennt, zur Katastrophe: Die Maschinen begannen CO2 zu produzieren. Die Erdatmosphäre erwärmte sich daraufhin um 10,5 Grad…
Naturkatastrophen waren die Folge: Die Ausbreitung der Wüsten hielt die teils sterbenden und andererseits flüchtenden Menschen in Atem, genauso wie die Überschwemmung der Kontinente, denn die polaren Eiskappen schmolzen schneller als Greenpeace & Co. es uns jemals prophezeit hatten – und der Meeresspiegel stieg beständig.
Heute, 21 Jahre später, rächt die Natur sich immer noch für die Verbrechen, die der Mensch ihr in all den Jahrtausenden angetan hatte. Und die angeblich so überlegene Rasse rafft sich selbst weiter in Kriegen um die letzten Trinkwassergebiete dahin.
Brutale Anarchie herrscht vor – der Stärkste überlebt. Aber ein Funken der Hoffnung beginnt zu glühen: Gerüchten zufolge entsteht im ehemaligen New Mexico gerade eine neue Regierung.
In diesem erschreckend real wirkenden Szenario findet ihr euch als Spieler von The Fall: Last Days of Gaia wieder. Das 3D-Rollenspiel spielt in einer vom Menschen zerstörten Welt, die klare Parallelen zur RPG-Legende Fallout aufweist. Auf unsere Frage hin, ob man mit einem solch kritischen Setting auch ein junges Publikum ansprechen kann antwortete Projektleiter Carsten Strehse: „Unsere Zielgruppe liegt zwischen 16 und 60. Wenn du 16 als jung ansiehst, muss die Antwort auf deine Frage also "ja" heißen.“.
Ihr übernehmt zu diesem Zeitpunkt eine entscheidende Rolle für die Zukunft: Die Unterstützung der neuen Regierungsbildung. Eure Organisation versorgt die nach Frieden dürstenden Menschen mit Wasser und Lebensmitteln und beschützt sie vor machtgierigen und skrupellosen Gangs. Mit einer bis zu sechs Mann starken Party streift ihr über die Erde des späten 21. Jahrhunderts. Dort trefft ihr auf mehr als 1000 NPCs (!), die allesamt realistisch simulierte Tagesabläufe verfolgen.
Natürlich ist in dieser von Angst und Terror geprägten Welt nicht jeder euer Freund, und so wird es nicht zu selten vorkommen, dass man das neue Kampfsystem ausprobieren darf. Das soll nie da gewesene Taktiken ermöglichen und vereint Vorzüge von rundenbasierenden Spielen mit denen der Echtzeit-Fraktion. Man kann das grundsätzlich in Echtzeit ablaufende Geschehen immer pausieren, und während den Unterbrechungen Anweisungen geben. Auf Wunsch erledigt der Computer das Anhalten aber automatisch. Dabei reagiert er je nach gewünschter Einstellung auf 14 verschiedene Ereignisse (z.B.: „jeder Kämpfer hat einmal geschossen“ oder „bei jedem Treffer“).
Wenn man das System mit anderen Spielen vergleichen soll, darf man es wohl als einen Mix aus Baldur’s Gate und Jagged Alliance 2 bezeichnen. Es ist sowohl in Realtime als auch in einem simulierten Rundenmodus spielbar. Das Tolle daran: jeder kann selbst entscheiden, wie er die Kämpfe in The Fall spielen möchte.
Eure charismatischen Recken (z.B.: der hilfsbereite, muskelbepackte Automechaniker Butch oder die ungeduldige, intolerante Schönheit Carmen) dürft ihr mit über 100 verschiedenen Waffen und Rüstungen ausstatten. Mit sechs Attributen (Stärke, Beweglichkeit, Geschick, Konstitution, Intelligenz und Charisma) und vierzehn Fähigkeiten (Nahkampf, Leichte Waffen, Schwere Waffen, Sniper Waffen, Spezial Waffen, Wurfwaffen, Sprengstoffe, Survival, Lautlos bewegen, Taschendiebstahl, Schlösser öffnen, Technik, Fahrgeschick und Medizin.) könnt ihr zugleich dafür sorgen, dass sich die Charaktere auch spielerisch nicht zu sehr gleichen.
Bis an die Zähne bewaffnet folgt ihr mit eurem Team einer nicht-linearen Story, die laut Silver Style epische Ausmaße annehmen wird und sich mit euren Aktionen verändert. Steuerungstechnisch unterstützt euch während dieser Zeit eine konfigurierbare KI. Sollen eure Leute gleich beim Feindkontakt losballern, oder wollt ihr, dass sie sich in jedem Kampf automatisch hinlegen? Auch hier gibt es rund 15 Optionen aus denen man auswählen darf. Carsten Strehse versprach uns gegenüber eine komfortable Menüführung. Fahrzeuge werden übrigens anders gesteuert als Charaktere. Bei den Vehikeln greift man auf eine direkte Steuerung zurück.
Längere Strecken dürft ihr per Fahrzeug oder Hubschrauber zurücklegen, zu weite Reisen finden gar auf einer Karte statt. Das Endzeit-Szenario wird von einer hauseigenen 3D-Engine in Szene gesetzt, die das Spiel grafisch ähnlich wie Gothic 2 wirken lässt, wobei noch mehr detaillierte Objekte zu sehen sind..The Fall dürfte sich in Sachen Optik an aktuellen und kommenden Titeln aus dem Genre messen können, zumal zum Beispiel Vegetation und Spielwelt animiert sind – in 3D-Spielen ist das noch keine Selbstverständlichkeit. Alle In-Game-Texte sollen übrigens mit einer Sprachausgabe hinterlegt werden.
Was es nicht geben wird ist ein Multiplaypart. Sollte sich The Fall aber gut genug verkaufen – und dagegen spricht zumindest rein qualitativ bisher nichts – dann denkt Silver Style über ein Addon nach, der einen solchen Modus integriert.
Im ersten Quartal 2004 sollte es, wenn alles nach Plan läuft, zur Veröffentlichung kommen. Dann kommt übrigens auch Mad Max 4 in die Kinos – ein optimaler Zeitpunkt für die Veröffentlichung des weltweit ersten Endzeit-3D-Rollenspiels.
Ich persönlich liebe es, wenn Spiele nicht dem Einheitsbrei entsprechen. Und The Fall dürfte sich sogar besonders positiv von dem angesprochenen Standard-Mischmasch abheben. Nicht nur, dass die Story erfreulich kritisch und erwachsen klingt. Nein! Auch die anderen Innovationen (wie zum Beispiel das Kampfsystem) hören sich durchdacht und sinnvoll an. Dazu kommt, dass das Endzeit-Szenario Platz für kreative Ideen lässt, und bei weitem nicht so ausgelutscht ist wie das überstrapazierte „Böse Orks – gute Paladine“-Setting. Wer Fallout oder Gothic zu seinen Lieblingsspielen zählt, darf mit The Fall: Last Days of Gaia DEN RPG-Toptitel des kommenden Jahres erwarten. Aber auch wenn nicht, müssen Rollenspieler und Freunde von taktischer Strategie den Titel weiter im Auge behalten.
Sollten alle Versprechen gehalten werden, dann reihe ich Silver Style auf meiner persönlichen Rangliste der besten deutschen Entwickler ganz oben ein. Immerhin genoss schon Soldiers of Anarchy die Lobeshymnen der Fachpresse – konnte sich aber im Gegensatz zum Ausland am deutschen Markt nicht wirklich durchsetzen am Ladentisch. Mit The Fall dürften die Kritiker wieder zahlreiche Jubeltöne und Superlative vom Stapel lassen.