Lederhosen und Dirndl-Kleider?

Schwer bepackt zieht unser wackerer Schwertmagier king_erni in die nächste Spelunke. Seine goldene Rüstung blitzt noch einmal auf, ehe sich sein wuchtiger Leib in der Dunkelheit der offenen Tür verliert. Zielstrebig geht unser edler Held auf einen kleinen Tisch in der Ecke der Gaststätte zu. Hier wartet schon ein weiterer, nicht weniger tapferer Held darauf, sich über die Welt in der die beide eigentlich Leben mal so richtig auzuko… äh zu beschweren. Anders gesagt: Rebell.at testet Oblivion mal auf die etwas andere Art. Auf den kommenden vier Seiten werden sich unsere beiden norddeutschen Jungspunde Jan "flint" Friedrichsen und Konrad "king_erni" Kelch in einem Interview ausführlich mit dem vierten Teil der Elder Scrolls-Serie befassen. Showmaster wird wie immer unsere Lästertante Honk sein.

Honk: So ihr beiden edlen Herren, ich möchte mich mit meiner Maid vergnügen und habe daher wenig Zeit, macht also hinne!

flint: Ähm, aber edler Herr, wie sollen wir bei so etwas Schönem "hinne machen", die Maid muss wohl warten.

Honk: *grml* Nun gut… Wo fangen wir an. Von vielen Seiten wurden mir Berichte zugetragen, einer euphorischer als der andere. Ich zitiere den Hofnarren P.C. aus G. mit den Worten "Das wichtigste Spiel 2006". Was meint ihr dazu?

king_erni: Ja, die vielen Stimmen der Boten wurden mir auch zugetragen und ich muss sagen, der Pfeil schlug knapp daneben ein. Ich habe unsere Welt noch nie so schön zuvor in meinem Leben gesehen. Da wiegen Bäume und Gras im Wind, spiegelt sich die Sonne in den endlosen Wasserflächen und die Pferde schreiten voller Anmut an mir vorbei. Manchmal ist’s schon kitschiger als in meinen Kindheitsträumen. Aber es wirkt halt alles so lebensecht, manchmal vergesse ich glatt, dass ich leider nur virtuell existiere *schluchz*. Oblivion ist schon sehr glaubwürdig geworden. Und was es heutzutage alles zu entdecken gibt. Unglaublich: hier ein Dungeon, da ein kleiner Nebenverdienst. Ich komm‘ manchmal gar nicht mehr dazu, meiner Hauptbeschäftigung nachzugehen. Oblivion, oh du honkigster aller Honks, ist ein Spiel zum drin Versinken. Süchtiger macht aktuell wohl nur noch World of WarCraft.

flint: Da haben Lord Erni und ich fast die selbe Meinung. Lässt man sich erst einmal auf die Welt von Oblivion ein, ist es wahrhaft schwer sich dort wieder loszureißen. Das eigentliche Hauptziel gerät fast völlig ins Hintertreffen bei den enormen Möglichkeiten die einem geboten werden. Leider sehe ich da auch eine kleine Schwachstelle. Denn das erinnert mich an die alten Tage, an Morrowind. Oblivion wirkt stellenweise wie ein grafisch äußerst hochwertiges Morrowind, da hätte ich auf etwas mehr gehofft.

Honk: Ihr seid also der Schönheit Oblivions vollends verfallen? Ist dadurch euer Sinn fürs Kritische denn nicht total geblendet und versucht ihr nicht bloß, uns hier alle hinters Licht zu führen?

flint: Nein nein, so ist es doch nicht. Wie könnt Ihr so etwas auch nur denken? Natürlich hat Oblivion Schwächen, die natürlich auch Erwähnung finden sollen.

Honk: Jetzt spann deinen Königsbären nicht so auf die Folter, sonst lass ich dich erst Strecken, dann Teeren und Federn und schließlich Hängen, eventuell auch Köpfen, und damit das Ganze hier nicht zu überladen wirkt, natürlich auch noch Vierteilen!!

flint: Nun gut, zum einen haben wir die unerträglichen Fehler in der Welt. Es ist einfach furchtbar, wenn man große Aufgaben meistern möchte, dazu aber nicht in der Lage ist. Auch bei der Übersetzung wurde grob fahrlässig gehandelt. Teilweise werden deutsche Texte mit englischen Schriften vermischt. Es kommt auch vor, dass eine Multiple-Choice-Antwort nicht komplett angezeigt werden kann, so weiß man nie genau was man eigentlich sagt, bis es zu spät ist. Für mich aber das größte Manko: Die Atmosphäre! Man erkennt schon einen deutlichen Fortschritt zum Vorgänger, aber das geht mir nicht weit genug. Viele Spiele haben es vorgemacht, warum sehen die Städte in Oblivion dann stellenweise so enorm unterbevölkert aus? So etwas muss einfach nicht sein. Und auch die Dungeons kommen mir des öfteren recht gleich vor… Dabei wurde es anders versprochen.

king_erni: Ruhig Blut, edler Herr. Haben Sie denn noch nicht Kunde von der großen Pest genommen die anno 2005 durch die Programmierer-Keller fegte? Damals hats doch glatt den kompletten Haufen an Charakterdesignern weggefegt. Da hatten die armen Knechte gar nicht mehr die Gelegenheit, die Charaktergenerierung komplett fertig zu stellen. So hab ich zwar die Möglichkeit, meine Nase in 14 verschiedenen Attributen zu verändern, meine Frisur jedoch kann ich nur im Rahmen der Möglichkeiten eines unterirdischen Dorffriseurs aufmotzen. Pisspottschnitt oder Langhaar-Affe, mehr Auswahl gibt es schon fast nicht. Wenn Lord Oblivion schon mit seiner dicken virtuellen Lanze angeben will, dann sollte er das wenigstens in jeder Hinsicht tun. Was würde denn Honks holde Maid sagen, wenn…

Honk (gereizt): Was?

king_erni: Ach nichts edler Bote, flint?!

flint: Vermutlich beleidigt in der Ecke stehen? Wenn es sie wirklich gäbe.

Zu diesem Zeitpunkt, muss das Interview kurzzeitig beendet werden, da Honk seinen Untergebenen flint durch diverse Räumlichkeiten seiner Burg jagt, sich in vielen Ecken übergibt und flint dazu verdonnert, einmal mehr in seinem Leben, diese Ekligkeiten aufzuwischen

flint: Fertig werter Honk, lasst uns zum Thema zurückkehren. Ich muss Lord "tripple k" zustimmen, wobei ich doch eine gewisse Zeit damit verbracht habe, meinen Charakter zu erstellen. Aber kommen wir nun doch zu den guten Seiten von Oblivion, die sicherlich überwiegen, z.B., Wie schon erwähnt, die ungeahnten Freiheiten. Obwohl die Welt im Vergleich mit dem Vorgänger etwas geschrumpft ist, scheinen die Möglichkeiten wesentlich zahlreicher geworden zu sein. Das stört dieses mal, anders als es in Morrowind der Fall war, allerdings kaum. Dort fühlte sich der eine oder andere Spieler zeitweise doch etwas überfordert, nicht zuletzt, weil das eigentliche Spielziel niemals klar war. Das ist nun anders: Man wird, vorrausgesetzt man möchte dies, sanft an die Welt herangeführt, erhält eine ordentliche Einführung, und weiß immer genau, was man eigentlich zu tun hat.

king_erni: Die Freiheiten sind schon famos. Ich für meinen Teil glaube auch, dass sich Oblivion dadurch am meisten auszeichnet. Es gibt halt überall etwas zu entdecken. Ich wage sogar zu behaupten, dass sich in Oblivion schnell das Flair eines Diablo 2 ausbreitet. Man erwischt sich ziemlich schnell dabei, wie man denkt: Ach, nur noch dieser Dungeon, dann bin ich ein Level weiter und vielleicht bekomm ich ja sogar noch ne bessere Rüstung oder gar ein neues, mächtigeres Schwert. Zu meiner Schande muss ich sogar gestehen, dass ich von der Hauptquest bis jetzt vielleicht gut die Hälfte geschafft hab‘ und mich die meiste Zeit durch irgendwelche x-beliebigen Dungeons gemeuchelt habe. Was im Übrigen auch mehr Spaß gemacht hat, als dem doch etwas uninteressanten roten Faden der Hintergrundgeschichte zu folgen.

flint: Wo Ihr gerade bei der Hintergrundgeschichte seid. Lasst mich zu dieser doch ein paar Worte verlieren. Die kaiserliche Familie soll ausgelöscht werden, irgendjemand hat ein paar Meuchelmörder auf den Kaiser Uriel Septim selbst und auf seine zwei Söhne angesetzt. Die Söhne erwischen diese Unholde auch sogleich, nur der alte Haudegen Uriel schafft es zu entkommen.. Sein Fluchtweg führt durch eine Zelle im Gefängnis und nun werter Honk, ratet einmal, wessen Zelle das ist?

Honk: Ich befürchte ja durch die von dir, was dir Gelegenheit gibt weiter zu plappern.

flint: Ihr seid zu gütig Mylord! Richtig, der Kaiser kommt durch unsere Zelle und somit werden wir befreit, wenn auch nicht ganz gewollt. Wie dem auch sei. Auch der Kaiser kann nicht gerettet werden und nun gibt es keine Thronerben mehr. Deshalb öffnen sich die Tore nach Oblivion nicht gut für die Menschen im Reich. Unser Auftrag ist klar, nicht wahr?

Honk: Ach Gottchen, halt bloß die Kla-… ich meine natürlich: Halt ein! Ich bin ein Metzel-Bär. King_Erni, kann man eigentlich auch ordentlich Gegner verdreschen?

king_erni: Klar, Ihr könnt so ziemlich alles verdreschen was zwei oder manchmal auch mehr Beine hat. Nur sollte man sich gut überlegen, mit wem man sich anlegt. Es interessiert zwar außerhalb der Stadt niemanden, wenn man die olle Ische vom Weinberg vermöbelt, sobald man sich dann allerdings innerhalb der Gemäuer blicken lässt, gibts gleich einen auf die Zwölf. In den Dungeon selbst streunen neben dem üblichen Fantasy-Gesocks wie Skeletten, Ghoulen, Goblins und Zwergen auch spezielle Bossgegner rum, die besonders wertvolle Gegenstände fallen lassen. Die Kämpfe selbst laufen dabei übrigens meist nach Schema F ab: Solange der Gegner noch weit entfernt ist, diesen entweder mit Feuerbällen, Blitzen oder einem stinknormalen Bogen beharken. Im Nahkampf dann immer schon brav blocken und dem Kontrahenten dann im richtigen Augenblick eins mit dem Langschwert überziehen. Timing ist halt alles und genau das macht die Scharmützel dann auch interessant. Wobei man klar sagen muss, das einhändige Waffen hier vorzuziehen sind, da man so ein extra Schild mitführen kann. Dies erleichtert einem das Abwehren von Schlägen eindeutig. Kämpfer die zweihändig unterwegs sind habens da um einiges schwerer. Aber genug aus king_ernis kleiner Waffenschule, flint hat sicherlich noch mehr zu berichten.

flint: Zu gütig junger Sky… äh Erniwalker. Nun, ich habe die meiste Zeit mit dem Bogen verbracht. Insgesamt kann man sagen, läuft der Kampf ganz simpel ab und besonders Fernkampfwaffen lassen sich wie in einem Egoshooter benutzen. Übrigens können benutzte Pfeile später wieder eingesammelt werden. Mit jedem verschossenen Stöckchen erhöht sich dann auch sogleich mein Erfahrungswert am Bogen. Mit dem Verfahren lassen sich übrigens alle Talente steigern, wer viel durch die Welt hüpft wird schon bald ein Akrobatik-Genie sein. Und Steigern muss man seine Fähigkeiten, sonst wird es nämlich nichts mit dem Levelaufstieg.

Honk: Ja interessant, das versteht ja jedes Prinzenkind, Fähigkeiten benutzten, besser werden, Level aufsteigen. Aber noch einmal husch husch zur Technik, was ist mit dem Sound, der Musik?

flint: Ich würde behaupten durchaus gelungen. Auch wenn die Sprachausgabe, dank der Bugs, ab und an mal aussetzt, sind die Sprecher stimmig. Und über den Soundtrack muss meine Wenigkeit wohl nicht mehr viele Worte verlieren. Toll! Niemals ermüdend, niemals unpassend, da haben sich die Erschaffer wirklich selbst übertroffen, oder seid Ihr anderer Meinung, king_erni?

king_erni: Manch einen Sprecher fand ich dann doch etwas zu emotionslos, aber ansonsten bin ich mit der Leistung der Synchronsprecher durchaus zufrieden. Trotzdem ist die Übersetzung, gerade die der Bildschermtexte, für so ein Spiel überhaupt nicht in Ordnung. Vom elenden Abkürzungswahn für Tränke und besonderen Gegenstände mal abgesehen, fehlt manchmal innerhalb der Gespräche einfach die deutsche Übersetzung und der Gegenüber plappert auf Englisch weiter. Allgemein gibt es für meinen Geschmack viel zu viele kleinere Unstimmigkeiten. Da hängen Gegner an Ecken fest oder fallen einem selbst so unglücklich vor die Füße, dass man sich nicht mehr von der Stelle bewegen kann. Neu laden heißt es dann und das nervt schon, wenn man das letzte Mal vor zwei Stunden gespeichert hat. Fehler dieser Art findet man übrigens noch öfters im Spiel vor. So stimmen z.B. die Preise für die Häuser nicht. Für ein Spiel mit einer derart langen Entwicklungszeit wahrlich nicht gerade eine Glanzleistung.

Honk: Genug der Worte, irgendwann müssen wir ja schließlich mal zum Schluss kommen. Was mich noch interessiert: Muss ich in Oblivion immer noch die chinesische Mauer entlang krakseln wenn ich zum nächsten Ort will, oder hab ich jetzt zumindest nen ollen Esel als Gehilfe dabei?

flint: Ohja, das wäre doch fast unerwähnt geblieben. Hier hat Bethesda sich die Kritik der Spieler sehr zu herzen genommen. Zum einen bekommt man schon recht früh im Spiel seinen ersten Gaul. Das einzige Manko: Man(n) kann leider nicht vom Pferd aus kämpfen, wie es z.b. in Mount&Blade möglich ist. Das ist etwas schade und kann auch leicht nervig werden, aber sehen wir darüber großzügig hinweg. Wer möchte, kann die besuchten Orte auch ganz einfach auf einer Landkarte anklicken und wird quasi unverzüglich dorthin teleportiert. Wer das allerdings macht, verpasst das Schönste, die Landschaft.

king_erni: Wie Flint schon erkannt hat, birgt die Schnellreisefunktion auch ein paar Gefahren mit sich. Wer will, kann sich damit nämlich die komplette Atmosphäre Oblivions kaputt machen. Es wird einem schlicht und ergreifend zu leicht gemacht, sich von Stadt zu Stadt fortzubewegen. Einfach auf die Karte klicken und schon ist man da. So verkommt Oblivion schnell zu einem Fastfood-RPG und man verbaut sich selbst die Möglichkeit, mal eben einen Abstecher in das nächste Dungeon zu machen, um dort ein bisserl rumzusauen. Weil aber gerade das den großen Reiz an Oblivion ausmacht, sollte man die Schnellreisefunktion mit großer Vorsicht genießen.

Honk: Wie? Ihr seit fertig? Kaum zu glauben! Danke für die vielen *hust* wichtigen Informationen. Ihr entschuldigt mich dann, ich hab schließlich noch zu tun.

Konrads Fazit:
Dichte Atmosphäre, atemberaubende Grafik, epische Klangkulisse und eine bis auf die Bildschirmtexte und ein paar kleine Aussetzer gelungene Synchronisation. Das alles hört sich nach dem Paradies für Rollenspieler an und Anfangs ist es das auch. Nur hat Oblivion für diese Entwicklungszeit einfach zu viele Macken im Detail. Da stimmt die Wegfindung der Gegner nicht, ist die Hintergrundgeschichte mit neun Stunden Nettospielzeit viel zu kurz und selbst große Städte wirken so wie ein verschlafenes Provinznest.

Alles Fehler, die den Trend hin zur Gameplayoffenbarung klar verbauen und Oblivion in der berühmt berüchtigten B-Note einiges an wertvollen Prozentpünktchen kosten. Im Endeffekt ist Oblivion aber momentan das Rollenspiel mit dem besten Mittendrin-Effekt seit Ultima 7. Dazu gesinnt sich dann noch die große Auswahl an Charakterklassen und die gut durchdachte und logisch nachzuvollziehende Charakterentwicklung. Kurz: Wer Oblivion noch nicht gespielt hat ist entweder kein Rollenspieler oder hat die passende Hardware einfach nicht zur Hand. Letzteres braucht es dann schon, um wenigstens annähernd in den Genuss der Grafikpracht zu kommen.

Meine Wertung: 8.8

Jans Fazit:
Was bleibt mir da noch hinzuzufügen? Die Konkurrenz wirds enorm schwer haben mit Bethesdas Meisterwerk mitzuhalten, soviel steht schon mal fest. Trotzdem ist Oblivion für mich nicht der erwartete Überflieger. Vielleicht waren auch meine Erwartungen einfach zu hoch. Wie „tripple K“ schon erwähnte, steckt der Fehlerteufel im Detail, alles Sachen die nicht hätten sein müssen. Aber da hoffe ich auf entsprechende Patches, meintwegen auch für die X-Box-Junkies.

Meine Wertung: 8.5

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