Kein Dungeon Siege im Weltraum

Chris Taylor ist ein Name, der noch für etwas steht. Er war der geniale Kopf hinter beiden Dungeon Siege-Teilen, die mich sehr gefesselt haben und er zeigt sich nun auch für den neuen Titel von Gas Powered Games verantwortlich, welches sich Space Siege nennt. Das hört sich doch auf den ersten Blick sehr nach einem Dungeon Siege im Weltraum an. Erst nach zweitem Hinsehen erkennt man, worum es sich hierbei wirklich handelt: Einen unkomplizierten Space-Shooter mit rar gesähten RPG-Elementen.

Es fängt alles mit einem hübschen Renderintro an, in dem kurz die recht austauschbare Story umrissen wird: Die Menschheit, auf der Suche nach neuen Welten, wird von einer außerirdischen Rasse überrascht. Wie sowas halt oft ist, wollen diese Außerirdischen nichts Gutes. Es entbrennt ein erbitterter Kampf, den die Menschen verlieren. Nur wenige überleben. Wir sind mittendrin. Gestatten: Seth Walker, Robotikspezialist auf einem großen Raumschiff, in dem wir fortan die restlichen 7-10 Stunden Spielzeit bestreiten.

Auf den ersten Blick sieht Space Siege wie ein typisches Iso-Rollenspiel Marke Dungeon Siege aus. Doch schon nach kurzer Spielzeit merken wir, dass die RPG-Elemente im Spiel eigentlich eher Alibifunktion haben. Der Action-Teil steht ganz klar im Vordergrund. Deshalb verstehe ich überhaupt nicht, warum die Entwickler nicht einfach das bewährte WASD-Prinzip einsetzen. Stattdessen dürfen wir uns mit Mausklicks und Tastatur durch das Raumschiff bewegen und das auf sehr unintuitive Weise. Beispielsweise können wir nur Schießen oder Laufen – beides gleichzeitig ist nicht möglich.

Wenn wir dem gegnerischen Schusshagel entgehen wollen, hilft meist nur der Druck auf die Taste E, denn damit führt man einen Hechtsprung in Schussrichtung aus. Da man im Gefecht aber meist auf die Gegner schießt und ergo auf sie gerichtet ist, kommt es leider häufig vor, dass unser Ausweichversuch mitten in der Gegnerhorde landet. Auch die in Rollenspielen üblicherweise vorhandene Entscheidungsfreiheit gibt es in Space Siege nicht. Die Aufträge und Levels sind sehr linear gehalten, die immergleichen Raumschiffgänge laden weder zum Verweilen, noch zum Erkunden ein. Prinzipiell verbringen wir eben die ganze Zeit damit, jeden Gegner, der nicht bei drei in der Notkapsel ist, wegzuballern.

Ein Inventar oder Levelaufstiege gibt es im Übrigen auch nicht. Tote Gegner lassen lediglich Upgrade-Teile fallen, mit denen wir Medipacks oder Dronen herstellen- und unsere Waffen aufbessern können. Die vielgepriesenen Cyborg-Implantate, mit denen wir uns von unserer Menschlichkeit verabschieden, finden wir zu festgelegter Zeit auf Nebenmissionen. Letztlich sind die dadurch hervorgerufenen Veränderungen aber marginär und nicht sonderlich spannend.

Damit doch noch so etwas wie Rollenspiel in Space Siege stattfindet, gibt es zwei Skill Trees. Nach jeder abgeschlossenen Hauptmission dürfen wir je zwei Punkte in höhere Critrates, Spezialangriffe oder Drohnen investieren. Während sich höhere Angriffskraft oder Critrates kaum auf das Spielgeschehen auswirken, machen die Spezialangriffe tatsächlich Laune und motivieren dazu, sich neue Skillpunkte zu ergattern.

Damit wir nicht gänzlich alleine durch das gruselige Raumschiff wandern müssen, wird uns ein Kampfroboter namens HR-V an die Seite gestellt. Dieser unterliegt unserem Befehl und hilft uns tatkräftig in jeder Schlacht. Unseren Blechkammerad dürfen wir ebenso wie uns kräftig aufrüsten und verbessern. Seine Wegfindung funktioniert erstaunlich gut und so fand er selbst durch komplizierte Labyrinthe zur nächsten Schlacht.

Prinzipiell dachte ich mir die ganze Zeit, dass Space Siege zwei Dinge im Wesentlichen falsch gemacht hat: Es wurde von Chris Taylor entwickelt und es heißt Space Siege, was nunmal sehr an Dungeon Siege erinnert und eine gewisse Erwartungshaltung hervorruft. Wenn das Spiel als Shadowgrounds: Lost in Space geheißen hätte, wäre der Titel bei vielen Spielern sicherlich besser angekommen, da man weder iiefe Story noch großes Rollenspiel-Brimborium erwartet hätte. Denn unterm Strich bekommt man einen Iso-Shooter im Weltraum, der sogar recht schick aussieht. Die Umgebungen wurden stimmungsvoll ausgeleuchtet, die Aliengegner sind abwechslungsreich gestaltet und viele Objekte in der Umgebung sind zerstörbar. Sogar die Sprachausgabe wurde recht gut eingedeutscht und Zwischensequenzen lockern den Alltag etwas auf.

Kurzum: Die von den Entwicklern selbst geschürte Erwartungshaltung kann in nicht erfüllt werden. Dazu kommt das Rollenspiel in Space Siege einfach viel zu kurz, die immer gleichen, sehr linearen Raumschiffgänge nerven nach kurzer Zeit erheblich und die Story hätte von drittklassigen Groschenroman-Autoren spannender verfasst werden können.

Es bleibt ein ordentlicher Sci-Fi-Shooter im Stile von Shadowground zurück, der tatsächlich eher Casual-Gamer als Freunde gediegener Rollenspiele gefallen sollte. Falls euch Shadowgrounds und Iso-Shooter im Allgemeinen allerdings gefallen und ihr keine all zu großen Erwartungen an den Titel stellt, könnt ihr aber durchaus euren Spaß damit haben.

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