Nach dem Amoklauf von Emsdetten und dem vier Jahre zuvor in Erfurt, ist nun ein weiterer deutscher Fall von realer Gewalt in Verbindung mit Computerspielen bekannt geworden.
Und weil ja selbst unsere Qualitätszeitungen Spiegel Online glauben und von dort ihre Geschichten übernehmen, dürfen wir das wohl auch. Ein 18-Jähriger aus Baden-Württemberg hatte vor wenigen Tagen bei einer Partie Counter-Strike angekündigt, am heutigen Nikolaustag seine Schule zu überfallen. Zwei Mitspieler, die ihn aber nur von dieser Online-Begegnung kannten, haben daraufhin gezeigt, dass Spieler im Gegensatz zu Medien und gewissen Politikern durchaus lernfähig sind. Sie haben die Drohung ernstgenommen und der Schulleitung gemeldet. Daraufhin wurde die Polizei in Alarmbereitschaft gesetzt.
Heute wurde in Baden Württemberg ein 18-jähriger tot in einem Waldstück gefunden. Es handelt sich vermutlich um den Amok-Ankünder, der sich laut aktuellen Berichten mit einer Waffe aus dem Zweiten Weltkrieg erschossen hat, die sein Großvater der Familie vererbt hat. Ob diese Tat vielleicht sogar nur aus Verzweiflung geschah, weil er durch seine Ankündigung solche Reaktionen hervorgerufen hatte? Oder war der seit gestern Nachmittag verschwundene Schüler wirklich auf dem Weg, um seine Schule heimzusuchen? Der antwortende Gedanke sollte euch selbst überlassen bleiben.
Mein erster Gedanke war sowieso ein anderer. Gratulationen an die Medien und gewisse Politiker. Die Hysterie und unverantwortlich undifferenzierte Berichterstattung der letzten Wochen, sowie das permanente Schlechtmachen der Jugend in den letzten Jahren, insbesondere nach den PISA-Ergebnissen, haben es geschafft, dass sich nun bereits die ersten Nachahmungstäter hervortun. Ihr habt eine selbsterfüllende Prophezeihung erschaffen. Keines der wahren Probleme wurde aufgegriffen. Selbst nach der zweiten Entgleisung eines jugendlichen, sozialen Problemfalls nicht. Aber über weltfremde Spieleverbote wurde dafür von weltfremden Politikern schon diskutiert.
Es ist Zeit, die wahren Schuldigen zu identifizieren, und auch einige andere Vermutungen auszusprechen. Und ich habe aus verständlichen Gründen im Moment keine Lust, mich dabei von scharfer Polemik fernzuhalten: Nicht Counter-Strike, sondern einige Medien und Politiker haben diesen jungen Menschen auf dem Gewissen, der da heute im Wald gefunden wurde. Vielleicht hätte es ohne die Hilfe zweier aufmerksamer CS-Spieler sogar noch mehr Leute getroffen. Dies, liebe Populisten, ist euer Werk. Noch einmal: Glückwunsch.