Fragen über Fragen

Wer einzelne Tipps oder gleich ganze Lösungen zu einem Spiel sucht, der wird nirgendwo besser fündig als bei GameFAQs.com: Über 50.000 Titel hat die Seite seit ihrer Gründung im Jahre 1995 gelistet und zu der Mehrheit gibt es mindestens eine umfangreiche und beinahe jedes Detail erwähnende Beschreibung von Missionen, Gegnern und Rätseln. Aber wer macht sich eigentlich diesen Aufwand und warum? Wir haben versucht, Einblicke zu gewinnen.

Schreiben als Zeitvertreib
Mehrere tausende registrierte User zählt GameFAQs, die schon einmal etwas zum Inhalt der Seite beigesteuert haben; so genannte "Contributors". Einer von ihnen ist Alex Eagleson, auf dessen Kappe bislang 56 komplette Guides zu Spielen wie Resident Evil 4, GTA: San Andreas und Gran Turismo 4 gehen. Wieviele Stunden er damit verbracht hat, weiß Alex zum Glück selbst nicht so genau, aber es werden ganze Monate gewesen sein.

Die Idee hatte er dann auch aus Langeweile, wie er selbst zugibt: "Es war einfach etwas, um sich die Zeit zu vertreiben: Ein sinnvoller Weg, meinem Hobby des Spielens einen kleinen kreativen Touch zu verleihen." Jetzt befindet sich Alex in seinem vierten Jahr an der Universität und hat sich von GameFAQs zurückgezogen – richtig studieren und FAQs schreiben, das ist zeitgleich kaum möglich.

Der Umfang eines kleinen Buches
Bei Neil Stump, der zusammen mit Alex an einem Text über The Elder Scrolls 4: Oblivion gearbeitet hat, sieht es noch ein bisschen anders aus: Er befindet sich gerade in seinem letzten High-School-Jahr und sieht derzeit noch keinen Grund, mit dem Schreiben aufzuhören – auch wenn GameFAQs seinen Contributors nichts zahlt. Nicht einmal ein Punktesystem gibt es, um die Autoren in irgendeiner Form zu entlohnen. Und dabei ist beispielsweise die Komplettlösung zu Oblivion sagenhafte 400 000 Zeichen lang, um die 100 DIN-A4-Seiten.

Will jemand, der so viel Arbeit in eine Sache steckt, denn gar nichts dafür zurückbekommen? Neil sagt, seine Motivation sei es ganz einfach, anderen zu helfen – und ein paar tausend Dankesmails und Aufrufe der FAQs in der Höhe von mehreren zehn Millionen helfen da natürlich auch, wie Alex hinzufügt. Für Neil geht es aber noch darüber hinaus: "Es hilft mir auch, stärker in die Geschichte eines Spiels hineinzutauchen, die Ideen der Entwickler vollständig zu verstehen."

Im Hintergrund
Letztendlich ist es aber eben doch GameFAQs, das mit der kostenlosen Arbeit anderer Geld verdient. Als kleine Website auf dem Webspace eines AOL-Members gestartet, ist sie mittlerweile die Anlaufstelle für jeden, der bei einem Spiel nicht weiterkommt oder andere Lösungswege als den eigenen finden will. Seit drei Jahren gehört GameFAQs zu CNET, einem großen Netzwerk, dem auch GameSpot, MP3.com und TV.com angehören. Man mag sich darüber streiten, ob es legitim ist, seinen Content kostenlos von Fans erstellen zu lassen – aber die noch immer zahlreichen Contributors scheint es nicht zu stören und noch ist die Werbung bei GameFAQs vergleichsweise unaufdringlich.

Reibungspunkte?
Wenn mehrere tausend Menschen für eine einzige Seite über ein und dasselbe Thema schreiben, kommt es logischerweise zu Überschneidungen: Bei großen Spielen wie eben GTA: San Andreas oder The Elder Scrolls 4: Oblivion ist ein Autor mit seiner FAQ niemals allein: Ersteres zählt unglaubliche 19, letzteres immerhin noch 7 Walkthroughs, die bis auf ganz wenige Ausnahmen vollständig sind und auch dann zu Ende geführt werden, wenn jemand anderes schneller war. Neil ärgert das manchmal: "Klar ist es ziemlich demotivierend, wenn man zu einem Spiel etwas schreiben will und es schon 10 angefangene FAQs gibt. Auch wenn du unbedingt etwas zu diesem Titel schreiben willst, ist es oft ziemlich sinnlos, weil beinahe jeder Aspekt des Spiels schon abgedeckt wurde."

Einen Großteil ihrer Motivation beziehen die Autoren daher auch aus dem gegenseitigen Wettbewerb untereinander: Wer hat als erster eine FAQ online, wer ist am schnellsten fertig und welche bekommt am Ende die meisten Hits, ist qualitativ die beste? "Es ist aber ein sehr freundlicher Wettbewerb", meint Neil. "Einmal im Jahr gibt es sogar so eine Art Turnier, in dem die aktivsten Autoren gewissermaßen gegeneinander antreten und die anderen Autoren können darüber abstimmen, wer es ihrer Meinung nach verdient hat, in dem jeweiligen Duell zu gewinnen."

Die Zukunft eines Autoren
Bei dieser Begeisterung für Spiele, die jeden Autor einer FAQ auszeichnet, sollte man meinen, dass es nach Schul- und Universitätsabschluss auf jeden Fall in die Spieleindustrie ginge. Doch Alex verneint: "Ich habe überhaupt keine Pläne, irgendwann mal etwas in dieser Branche zu machen", sagt er klipp und klar. Neil hingegen denkt immerhin noch darüber nach: "Es würde mir schon Spaß machen, einen Job in der Spieleindustrie zu finden – aber das müsste schon eine reine Arbeit als Autor sein." Die Entwicklung einer Story für ein Spiel könnte er sich vorstellen, aber auch das Schreiben von Reviews und Lösungen. Dann allerdings für ein großes Unternehmen und gegen Bezahlung, versteht sich.

Als einen Einstieg in die Branche ist die Arbeit also nicht zu verstehen. Vielmehr als das Werk von Fans für Fans, die Anerkennung suchen und sich gegenseitig helfen wollen, Monate ihres Lebens in etwas hineinstecken, für das sie nie einen echten Gegenwert sehen werden. Gibt es ein nobleres Ansinnen?

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