Anders als ich vor Tagen befürchtete, ist es mit der E3 nicht ganz vorbei. Sie wird nur neu. Keine 50.000-Mann Messe für alle, die glauben mit der Branche zu tun zu haben, sondern ein beschauliches Event nur für Entwickler, Händler und Publisher. In großen Hotel-Konferenzsälen soll sie stattfinde. Nicht mehr im Mai, sondern im Juni wird sie ausgetragen. Mancher jubelt, hofft auf eine bessere Messe – auf die guten Auswirkungen des Wegfalls von funkelnden Booths und Babes. Doch sehen wir uns das Ganze etwas genauer an.
Tom, wer hat die E3 nun eigentlich gekillt? Wennn wir es uns einfach machen, und darauf vergessen, dass eine solche zentrale Messe im Internetzeitalter vielleicht wirklich nicht mehr zeitgemäß ist, dann müssen wir den großen Playern die Schuld zuweisen. Die wollten ihren Wahnsinn einfach nicht mehr fortsetzen und die Millionen für überdimensionale Stände lieber in eigene bzw. kleinere aber spezifischere Events investieren. Prompt zogen sie ihre Unterstützung für das Mega-Spektakel zurück. Der Veranstalter springt natürlich sofort, wenn Sony & Co es wünschen.
Was bedeutet der Messetod für Entwickler? Wer große Publisher im Rücken hat, der braucht sich keine Sorgen zu machen. Die finanzkräftigen werden immer Wege finden, die Öffentlichkeit zu erreichen. Schwieriger wird es für kleine Teams – Indies und Start-Ups. Auf der E3 war einmal jährlich die ganze Spielewelt in Los Angeles und so konnten Journalisten, Publisher und Händerl auch mit der Nase auf die kleinen aber feinen Produkte gestoßen werden. Das fällt weg. Bitter ist das auch ganz einfach für europäische Produktionen, die in den USA ohnehin oft einen schweren Stand haben.
Und was machen Publisher? Auch hier: Große werden eigene Messen veranstalten, so wie Microsoft seine X, die einmal im Jahr stattfindet. Kleinere und Mittelgroße haben das Geld für solche Späße wohl nicht. Ihre Öffentlichkeitsarbeit wird erschwert. Es ist zu erwarten, dass sie versuchen die Presse bei kleinen Events zu versammeln und so in die Medien zu kommen. Spannend wird sein, ob die Schlüsselmedien es sich wirklich dauerhaft leisten wollen, auch bei nicht ganz so wesentlichen Herstellern zu hofieren. Meine Zweifel dürften für jeden zu wittern sein.
Wird die Games Convention nun wichtiger? Das wird abzuwarten sein. Natürlich gewinnt sie dank ihrer Größe nun an Bedeutung für die Öffentlichkeit. Andererseits ist schwer vorstellbar, dass Entwickler, die nun keine Ressourcen mehr für E3 Demos aufwänden müssen, sich zu viel antun werden, um in Leipzig ein Mordsspektakel abzuliefern. Die zeitliche Nähe zur neuen E3 könnte ebenfalls zum Problem werden. Wer 1-2 Monate zuvor doch etwas für Los Angeles gebaut hat, wird ziemlich sicher genau dasselbe auch auf der GC zeigen. Eine kleine Materialrecycling-Welle wäre möglich.
Und der Rest? Für den Rest der Branche wird es auch nicht toll sein, dass die E3 wegfällt. Wo zeigen nun Entwickler der Presse ihre Produkte? Müssen Magazine noch mehr umher reisen? Können sich die Kleineren das leisten (und vor allem die Europäischen)? Und was ist wiederum mit den US-Giganten wie Gamespot und IGN, bei denen ein Wesentlicher Grund für deren Bezahlservice (die geniale Coverage aus Los Angeles) nun zu versickern droht.
Was ist dein Fazit, Tom? Ach, das könnt ihr euch doch denken. Ich bin weder begeistert, noch überzeugt. Das Tolle an der alten E3 waren nicht die Fotos von den Babes, nicht die neuesten Videos von einem Hype-Spiel das man mittlerweile aus allen Perspektiven kennt. Die E3 war eine Veranstaltung die auch mal in Mainstreammedien erwähnt wurde und schon allein deshalb von immenser Bedeutung für die Branche. Dass es für die "Kleinen" nun noch schwerer wird, eine Öffentlichkeit für ihre Projekte zu erzeugen und Kontakte zu knüpfen, hinterlässt einen fahlen Nachgeschmack. Ich möchte hoffen, dass nun andere Events Aufmerksamkeit von Presse und Spielern geschenkt bekommen. Schon mal was vom <a href="http://www.igf.com/" target="_blank">Independent Games Festival</a> gehört? Nein? Zeit wirds…