Ich bin ein schlechter Multiplayer-Shooter-Spieler. Und ich bin eigentlich gar kein begeisterter Multiplayer-Shooter-Spieler. Vermutlich, sagen manche, hängen diese beiden Einstellungen irgendwie zusammen. Manche dieser Spiele, ganz wenige, überzeugen aber durch ein außergewöhnliche Maß an Grandiosität selbst mich. Enemy Territory war so ein Spiel. Half-Life: Deathmatch war so ein Spiel. Team Fortress 2 ist so ein Spiel.
Nach achttausend Entwicklungsjahren ist das jetzt endlich erschienen. Es ist ganz anders als geplant. Früher, als Cate Archer noch feucht hinter den Ohren war, da sollte das ein Military Shooter sein. Sowas, was Day of Defeat dann schlussendlich geworden ist – nur halt Jahre früher. Dann glaubte eigentlich niemand mehr daran, dass TF 2 noch jemals erscheinen würde, und plötzlich kam dann doch die Ankündigung. Als Spiel im Comic-Look.
Dieses, nun frisch erschienen, bleibt den Grundprinzipien treu, weitet sie aus, perfektioniert sie. Der Reihe nach: Ihr dürft aus neun Charakterklassen wählen. Die Kämpfer sind durchdacht designt, schon am Umriss erkennt man sofort, mit wem man es zu tun hat. Alle spielen sich vollkommen anders. Meine Lieblinge sind Scout (ein unheimlich flinker Typ mit leichter Bewaffnung) und Heavy (ein unheimlich stämmiger Kerl der in Zusammenarbeit mit einem Medic fast untötbar sein kann). Aber man kann nicht immer mit seiner bevorzugten Klasse spielen – mag man auch nicht, denn die unterschiedlichen Karten belohnen völlig andere Spielweisen.
Ein einzelner Engineer kann mit seinen Gewehrtürmen den Tod einer ganzen Horde Scouts ausmachen, ein einzelner Scout könnte aufgrund seiner Geschwindigkeit ein ganzes Team von Heavys überlisten. Es braucht also Leute mit Autorität, die Anweisungen geben und die Teams ausbalancieren. Vorzugsweise geht das über den integrierten Voice-Chat, der die meiste Zeit über gut funktioniert. Die Matches verlangen dynamische Mannschaften die gut zusammenarbeiten. Einzelgänger können zwar mit Glück wichtige Punkte holen, normalerweise sorgen sie aber eher für Niederlagen, weil sie an entscheidenden Stellen fehlen.
Die Modi sind nicht neu. Capture the Flag (auch wenns ums Klauen eines Koffers geht), Domination (alle Punkte erobern) und "Angreifer erobern Punkte gegen verteidigende Verteidiger" (keine Ahnung wie man das im Fachjargon nennt). Jede Karte unterstützt nur einen Typ Modus, ist für diesen aber perfekt entworfen. Es gibt keine ungerechten Stellen, an denen man fast unmöglich vorbei kommt. Mit dem richtigen Kniff und brauchbaren Kameraden kann man jede Stellung aushebeln – außer man ist einfach zu schlecht.
Schlussendlich gibt es, gerade bei einer so langen Entwicklungszeit, doch einen ziemlich happigen Kritikpunkt: Es gibt nur sechs Maps. Bei aller Liebe und obwohl die Szenarien stimmig eingefangen sind, das ist zu wenig. Mal stehen sich die Teams in Holzschuppen gegenüber, dann gehts durch ein kleines Höhlensystem, eine andere Karte lässt uns um einen Bunker kämpfen. Was fehlt ist trotzdem die Abwechslung. Es ist halt im Endeffekt doch alles staubig und steinig. Die ein oder andere Mission im Grünen oder im Schnee könnte da ruhig noch hinzu kommen. Wir haben mit Valve ein Interview arrangiert, das wir hoffentlich in den nächsten Tagen anbieten können. Darin wird es auf jeden Fall auch um diesen Punkt gehen.
Was mir besonders entgegen kommt ist, dass Team Fortress 2 sich trotz ansehnlicher Optik nicht allzu Hardware-hungrig präsentiert. Die Performance ist auch auf zwei Jahre alten Laptops noch absolut in Ordnung. Die Entwickler dürften verstanden haben, dass mit High End-Software nunmal kein breites Publikum anzusprechen ist – und davon lebt ein Multiplayer-Shooter nunmal.
Team Fortress 2 gibt es im Rahmen der Orange Box über Steam zu kaufen, soweit ich weiß kommt es aber auch in den Laden. Für 49,95$ (das müssen wohl so bei 37€ sein), bekommt man da ab dem 10. Oktober Portal, Half-Life 2: Episode 2 (für die wir noch seperate Tests anbieten werden) und als Draufgabe nochmal das Original Half-Life 2 und die erste Episode. Warum man das Spiel online nicht einzeln erhältlich ist, weiß wohl niemand so ganz genau. Ich gehe davon aus, dass sich das noch ändert. (Update: Das Spiel ist jetzt separat über Steam erhältlich.)
Alles in allem, kann ich jedem das Zugreifen empfehlen., der auch nur das Geringste für Multiplayer-Shooter übrig hat. Wochenlange Explosionen und Schüsse aus eurem Spielzimmer sind damit garantiert.