Wir: Hallo Jessica. Würdest du dich unseren Lesern bitte vorstellen und uns etwas über deine Aufgaben bei Nevrax verraten?
Jessica: Ich bin die ausführende Produzentin und Beraterin bei Nevrax für ’The Saga of ‘Ryzom’.
Wer steckt hinter Nevrax und welche Leute arbeiten bei euch und an ‘Ryzom’?
Nevrax ist zugleich Entwickler und Betreiber von MMOGs, speziell von ’The Saga of ‘Ryzom’. Welche Art von Leuten hier arbeiten? Nun, hier gibt es Entwickler und für den Betrieb zuständige Leute: Programmierer, Künstler, Netzwerk-Administratoren, Tester für die Qualitätssicherung, Kundendienstmitarbeiter usw. Es ist also die ganze Bandbreite von Fähigkeiten vertreten, die man für die Entwicklung und den Betrieb eines Online-Spiels benötigt.
War ‘Ryzom’ euer erstes Projekt?
‘Ryzom’ war für Nevrax das erste Spiel, ja. Obwohl wir natürlich hoffen, dass wir in Zukunft noch andere Spiele machen werden …
… und für dich?
… für mich persönlich ist dies beileibe nicht mein erstes Projekt (lacht). Ich bin schon seit über 20 Jahren in der Branche und habe an über einem Dutzend MMOGs gearbeitet, einschließlich Ultima Online und die beiden Teile von ’Ascheron’s Call’.
Steckt hinter ‘Ryzom’ eigentlich eine Botschaft?
Tatsächlich gibt es mehr als eine Botschaft in ‘Ryzom’. Der Gründer und kreative, visionäre Kopf hinter ‘Ryzom’, David Cohen-Corval, hat eine Hintergrundgeschichte erschaffen, die sich über tausende von Jahren erstreckt. Sie trägt dabei in sich die Warnungen über ungezügelte Umweltverschmutzung, Machtkonzentration in den Händen einiger Weniger. Nicht zuletzt handelt sie auch von den Gefahren – aber auch den Möglichkeiten – des Herumspielens an unserer eigenen DNA.
Zusammenfassend habe ich in den 20 Jahren, die ich schon in der Branche bin, noch nie eine so in sich geschlossene Hintergrundstory und Botschaft gesehen, auf die ein Spiel aufbaute.
Hätte aus ‘Ryzom’ auch ein Offline-Rollenspiel werden können?
Die Intention ging immer in Richtung MMORPG …
… oder habt ihr keine Eignung für dieses Genre gesehen?
Ich sehe keinen Grund, warum es zum Beispiel nicht in ein Pen & Pencil-Rollenspiel hätte umgewandelt werden können. Alle Elemente, die es dazu gebraucht hätte, sind vorhanden.
Was steckt eigentlich hinter der magischen Formel NeL (Nevrax Library)?
Es handelt sich dabei um ein Open-Source-Werkzeug. Die magische Formel von NeL besteht darin, was wir über das Programmieren der Hilfsmittel gelernt haben, um das Spiel zu betreiben und es der Spielergemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig erlaubt es der Community an diesen Tools mitzuarbeiten. Wir haben NeL seit dem Start sehr interessiert beobachtet. Irgendwann in der Zukunft werden wir es vielleicht als eine Art Bindeglied für andere Firmen umwandeln – in Verbinung mit ’Ryzom Ring’, unserer Content-Tool-Erweiterung.
An welchen Spieler-Typ richtet sich ‘Ryzom’ besonders?
Ich denke, ‘Ryzom’ reizt besonders den Rollenspieler und den Entdecker. Unser Erzählbogen wird direkt von den Aktionen der Spieler beeinflusst. Was sie tun, steuert den Fortschritt der Geschichte. Das bedeutet, dass wir uns nicht linear zum Ende bewegen. Wir sehen uns an, was die Spieler anstellen und passen die Events für die Weiterführung der Story an diese Aktionen an. Das ist stark, denn die Spieler selbst beschließen den Ausgang der Geschichten. Wir ärgern uns beim Design [der Events] jedoch oft grün und blau, um diese an ihre Handlungen anzupassen (lacht).
‘Ryzom’ ist außerdem eine riesige Welt mit vielen Gegenden und Kreaturen. Diejenigen, die auf das Erkunden virtueller Welten stehen, haben hier eine große Aufgabe – die Welt ist gewaltig … und gefährlich.
Kommen wir zu möglicherweise etwas Unangenehmeren. Seid ihr mit der Entwicklung in geschäftlichen Dingen wie der Zahl der Spieler eigentlich zufrieden?
Ist eine Firma jemals mit dem eigenen Erfolg zufrieden? (lacht) Natürlich würden wir gerne hinsichtlich der Abonnenten größere Zahlen sehen: Je mehr Spieler, desto mehr können wir wieder in ‘Ryzom’ stecken, in unsere Add-ons und in neue Titel.
Die kommende erste Erweiterung ‘The ‘Ryzom Ring’ scheint eine beachtliche Vergrößerung für das Spiel zu bedeuten. Welche Intention steckt hinter diesem neuartigen System?
Die Intention, die dahinter steckt ist einfach: Wir geben den Spielern Zugang zu einigen unserer Weltbau- und Missions-Tools. Mit Hilfe dieser Werkzeuge können die Spieler neue Gebiete und neue Abenteuer für sich selbst, ihre Bekannten oder für jedermann im Spiel erzeugen; oder gar einen privaten Lebensraum für sich oder ihre Gilden erschaffen. Vieles ist vorstellbar. Es handelt sich dabei um private Instanzen, in die man einige, jeden einladen kann oder für niemanden zugänglich macht – die Entscheidung liegt ganz beim Spieler.
Wir möchten denjenigen, die an der Story und der Welt mitwirken wollen, eine Chance bieten, das zu tun. Geeignete Missionen oder neue Maps [der Spieler], die den Geist der ‘Ryzom’-Story und -Geschichte widerspiegeln, werden wir permanent zur Spielwelt [von ‘Ryzom’] ergänzen. Dies ist das erste Mal in der über zwanzigjährigen Geschichte der MMORPGs, dass den Spielern eine Möglichkeit gegeben wird, auf diese Art einen dauerhaften Einfluss auf die Spielwelt nehmen zu können. Wir glauben, dass dies einen Wendepunkt in der Entwicklung von Online-Games darstellt.
Dürfen wir zum Schluss noch erfahren, ob es neben ‘Ryzom’ eigentlich zur Zeit noch andere Projete gibt?
Oh, wir haben allerdings einige Pläne (lacht). Aber zur Zeit wollen wir uns jedoch nur darauf konzentrieren, ’The ‘Ryzom Ring’ im ersten Quartal 2006 zu veröffentlichen.
Jessica, vielen Dank für das Gespräch.