Der Spielehandel

Spielehändler findet man heutzutage nicht mehr gerade wie Sand am Meer. Wir haben einen ausgemacht, ihn geschnappt und über sein Geschäft ausgefragt.

Rebell.at: Hallo Oskar! Würdest du dich und deinen Laden vielleicht kurz vorstellen? Ein Bisserl Werbung sei dir erlaubt. ;)
Gegründet wurde Sound Check in 1983 von 3 Freunden, wovon einer eben ich war. Im Prinzip war das damals ein besseres Freizeit-Projekt von 3 Musikliebhabern, die die Nase voll davon hatten, bei jedem Wind und Wetter auf dem Flohmarkt ihre abgelegten Platten zu verhökern. Also kamen wir auf die Idee, das sehr viel angenehmer einfach in Form eines Ladens zu organisieren und damit nebenbei noch ein wenig Geld zu verdienen. Es war anfänglich also ein reiner An- und Verkauf ohne Neuware, aber eben spezialisiert nur auf Musik. Recht bald wurde uns klar, dass an Neuerscheinungen kein Weg vorbei führte, wenn wir ein „richtiges“ Musikgeschäft werden wollten und das wollten wir ab einem gewissen Punkt, denn als reiner An- und Verkauf waren dem Ganzen recht schnell Grenzen gesetzt. So kam die erste Phase der Expansion: wir nahmen Neuware ins Programm und auch CDs. 1983 gab es das nocht nicht, aber so ab 85/86 kam der CD-Zug ziemlich schnell in Schwung. Bei der Neuware beschränkten wir uns auf die Labels der damals ziemlich populären Independent-Musik, auch weil wir keine Lust auf Bravo-Hits und den ganzen Mainstream-Kram hatten.

Rebell.at: Musik ist doch eine langweilige von großen Konzernen beherrschte Branche! Wo blieben die Spiele?
1990 zogen wir dann in einen doppelt so großen Laden um und das Geschäft wuchs. Nachdem das Haus verkauft wurde in dem sich der Laden befand, bekamen wir große Probleme mit dem neuen Vermieter, so dass wir uns 1995 entschlossen nochmal in einen anderen (etwa gleich großen) Laden umzuziehen, in dem das Geschäft sich noch heute befindet. Irgendwann im Lauf dieser Jahre lernten wir die Grenzen des Wachstums kennen und die Schwierigkeiten, ein ehemaliges Freundes- und Freizeitprojekt in ein professionelles Geschäft mit Langzeit-Perspektive umzuwandeln. Die Konsequenz war das Ausscheiden eines der 3 Gründer, auch weil kommerziell für insgesamt 3 Leute nicht genug Gewinn in die Kasse kam. Bei mir hatte es sich dann so entwickelt, dass Anfang der 90er langsam das Interesse an Musik nachließ. In diesen Jahren habe ich mich erstmals mit dem PC und dem Thema Spiele für PC beschäftigt, und meinem verblieben Partner den Vorschlag gemacht, Spiele mit in das Programm des Geschäfts aufzunehmen, was wir dann 1994 auch taten. Was folgte war die auch kommerziell beste Phase des Geschäfts, weil der Handel mit Spielen neue Kundenkreise für uns erschloss und wir es so auf eine breitere Basis stellen konnten.

Rebell.at: Nun waren also die Spiele dabei. Wie ging es weiter?
Große Veränderungen gab es dann ab circa 1998. In Offenbach machten gleichzeitig 2 große Elektro-Discounter auf (Saturn und Promarkt) und es kam die Zeit von MP3 und der ersten CD-Brenner, die sich ziemlich schnell durchsetzten. Dieser Mix hatte zur Folge, dass unser Musikgeschäft ziemlich dramatisch zusammenbrach. Mein Partner entschloss sich im Jahre 2000 das Geschäft zu verlassen, weil er zum einen an Spielen nicht interessiert war und das Musikprogramm in der damaligen Form nicht mehr zu halten war, zum anderen aber auch, weil der Laden unter diesen Bedingungen keine 2 Leute mehr ernährte.

Rebell.at: Eure Reaktion?
Wir machten einen gut organisierten Ausverkauf des Musikprogramms, der Gott sei Dank finanziell die Erwartungen erfüllte, so dass ich mit dem Erlös meinen Partner ausbezahlen konnte. Seit diesem Jahr mache ich Musikhandel nur noch ein wenig nebenher als An- und Verkauf. Und so enstand die etwas kuriose Situation, das ein Geschäft, das heute hauptsächlich mit Spielen handelt, immer noch Sound Check heißt. Aber ich wollte den inzwischen doch recht bekannten Geschäftsnamen lieber nicht ändern. Ich entschloss mich das Geschäft erstmal alleine weiterzuführen, auch weil es noch Verpflichtungen wie laufende Kredite und einen langfristigen Mietvertrag gab. Ein anderer Grund war bestimmt auch, dass ich zum einen gerne selbständig bin und mir nur schwer vorstellen konnte ein Angestelltendasein zu führen, auf der anderen Seite fehlte mir wohl damals aber ganz einfach auch eine kurzfristige befriedigende Alternative zum Laden.

Rebell.at: Obwohl ich in Wien, also immerhin einer Millionenstadt, wohne, sehe ich kaum echte Spielehändler. Kann man mit dem Verchecken von kindergefährdender Ware denn heutzutage noch überleben?
Einfach ist es sicher nicht, deswegen gibt es nicht nur in Wien kaum noch echte Spielehändler. Die Konkurrenz der Elektro-Discounter à la Saturn, MediaMarkt und Konsorten hat enorm zugenommen, und vor allem sind diese Geschäfte viel flächendeckender präsent, als das noch vor sagen wir mal 10 Jahren der Fall war. Gegen die gut geölte Marketing-Maschinerie dieser Konzerne („Geiz ist geil“ – „Ich bin doch nicht blöd“ etc.) ist man als Fachhändler nicht so richtig in der Lage wirkungsvoll dagegenzuhalten. Dazu kommt, dass die Margen knapp sind und man einen entsprechenden „Durchlauf“ an Ware braucht um profitabel zu sein, was aber durch die starke Konkurrenz zusehends schwieriger wird.

Die Handelskonzerne beziehen die Ware natürlich auch zu besseren Konditionen als der Einzelkämpfer Fachhändler und haben darüberhinaus oft einfach auch bessere Retouren-Möglichkeiten, sprich aufgrund ihrer Marktstellung bessere Möglichkeiten nicht verkaufte Ware dem Hersteller wieder aufs Auge zu drücken. Im Endeffekt muss sich jeder Fachhändler aufgrund seiner lokalen Kundschaft die Marktnischen suchen, die er braucht, um nicht unterzugehen.

Spiele auch gebraucht zu handeln ist inzwischen fast bei jedem Fachhändler anzutreffen, da das zum einen bessere Gewinnmargen verspricht, zum anderen die Kundschaft bindet, da hier auch oft getauscht oder verrechnet wird, denn Spiele sind ganz klar auch ein teures Hobby und nicht jeder hat das Geld alles sofort zum Release bei entsprechend hohen Preisen kaufen zu können oder wollen. Viele Fachhändler bieten inzwischen auch Versand an, denn in Zeiten von Internet, Amazon und Ebay ist der Versand als Vertriebskanal viel etablierter als früher und vor allem Kundschaft, die nicht in relativ kleiner Entfernung zum Ladengeschäft wohnt oder arbeitet, droht sonst mittelfristig abzuwandern.

Rebell.at: EA’s Jens Uwe hat angekündigt, dass im kommenden Jahrzehnt im Großen und Ganzen alle Spiele über das Internet vertrieben werden. Was denkst du als Händler darüber und siehst du eine Chance, dass deine Spezies diese Verlagerung überstehen kann?
Gute Frage und nicht leicht zu beantworten. Für mich habe ich da auch noch keine Antwort gefunden, wenn ich das nüchtern betrachte. Klar ist, dass die Hersteller langfristig sicher versuchen werden, die Kunden direkt unter Umgehung des Handels an sich zu binden, da sie so einen größeren Teil des Erlöses für sich behalten können, als wenn noch Großhandel, Einzelhandel und andere Glieder der Distributionskette an den Einnahmen zu beteiligen sind. Momentan steckt das sicher noch in den Kinderschuhen und der Handel sorgt mit Promotion und flächendeckender Verfügbarkeit ja auch für eine Steigerung des Absatzes.

Aber wenn das Internet und die Bandbreiten sich weiterhin so rasant entwickeln wie in den letzten 10 Jahren, steht hier sicher eine große Umwälzung der Handelslandschaft in dieser Branche bevor. Es ist zu befürchten, dass die Fachhändler die ersten Opfer der Entwicklung sein werden. Im Endeffekt schätze ich das so ein, dass alle Produkte, die momentan auf digitalen Datenträgern ausgeliefert werden, also neben den Spielen auch Filme und Musik, für den Handel in der jetzigen Form nur sehr unsichere Zukunftsaussichten bieten.

Rebell.at: Welche Spiele verkaufen sich bei dir besonders gut?
Welche Spiele sich nach Genres mehr oder weniger gut verkaufen, ist schwer pauschal zu sagen. Im PC-Bereich haben im letzten Jahr bei mir 2 Titel die Charts dominiert: World of Warcraft und Counterstrike 1.6, vorallem CS ist ein ganz erstaunlicher Dauerbrenner. Insgesamt war im letzten Jahr ein schwaches PC-Jahr, wenn man von den genannten Titel absieht, bzw. es dürfte natürlich eine eindeutige Wechselwirkung zwischen der WoW-Mania und dem schwachen (kommerziellen) Abschneiden anderer Titel geben. Insgesamt ist aber schon seit Jahren ein Trend erkennbar, dass der PC-Bereich Einbußen hinnehmen muss, während der Konsolenbereich beständig (nicht dramatisch aber doch spürbar) zulegt. RTS ist bei mir auf jeden Fall ein Verlierer der letzten Jahre, die besten Verkäufe erzielen bei mir immer noch Shooter, sofern mal einer vom Kaliber FarCry, Half-Life 2, Doom 3 oder F.E.A.R. rauskommt, was ja auch nicht jeden Tag passiert.
Ein Problem im PC-Bereich ist, bei mir zumindest, dass verstärkt nur noch die ganz großen Namen gekauft werden und viele B-Titel einfach stehenbleiben oder erst zum Budgetpreis von den Kunden mitgenommen werden. Zum Teil ist das nach meiner Meinung aber auch selbst verschuldet, da die Hersteller, aber auch die großen Handelskonzerne den Preis zu schnell „kannibalisieren“ und somit auch treue Release-Käufer ins Grübeln geraten, ob sie nicht nach ein paar Wochen zum deutlich verringerten Preis zuschlagen sollen.

Bei den Konsolen ist bei mir nach wie vor die Playstation 2 der Platzhirsch, auch wenn die Xbox 360 doch erstaunlich gut eingeschlagen hat, was nach dem mühsamen Start der ersten Generation nicht unbedingt selbstverständlich war. Die Software-Verkäufe für die XB360 laufen jedenfalls bei mir erfreulich gut, wenn man die doch noch recht geringe Verbreitung des Geräts mit in Betracht zieht. Das Playstation 2-Programm verkauft sich auf jeden Fall in der Breite am besten, d.h. hier kann ich auch ein Backprogramm an älteren Titeln führen ohne befürchten zu müssen auf jedem zweiten Titel sitzen zu bleiben, wie das beim PC-programm inzwischen leider normal ist.

Rebell.at: Wie sieht deine Klientel aus?
Die ist sehr gemischt. Auf der einen Seite habe ich natürlich die „Freaks“, die jeden Titel am liebsten schon 3 Tage vor Release hätten. Das ist für mich gute aber auch schwierige Kundschaft, da sie bei demjenigen kauft, der den gewünschten Titel zuerst hat. Ein zufällig verspäteter UPS-Fahrer kann bei einem Top-Titel schnell 20 oder 30 weniger verkaufte Exemplare bedeuten, auf der anderen spielt bei diesen Kunden der Preis nicht so die entscheidende Rolle, sondern das „sofort-haben-müssen“. Was haben wir da noch an Kundschaft: Kids natürlich, mit Geld oder auch ohne Geld, mit Eltern oder auch ohne Eltern, nervig oder auch angenehm, da ist die Bandbreite groß. Dann haben wir noch die Eltern: Auch da gibt es große Unterschiede. Manche kommen zu mir, weil sie keine Ahnung haben und gerne beraten werden möchten, andere sind selbst Spieler und wollen ihren Kids beim Einkauf auf die Finger schauen. Viele Eltern kommen auch, weil das Geld knapp ist und das Second-Hand Programm bzw. die Tausch-Möglichkeit für sie dann attraktiv ist.

Danke für deine Zeit, Oskar!

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