In welchem Verhältnis stehen Ubi Soft & Jordan Mechner zueinander? Wie sieht die Zusammenarbeit aus?
Ubi Soft kam im Jahre 2001 auf mich zu mit dem Plan, die Marke Prince of Persia wieder aufleben zu lassen und ihr den Weg auf die Konsolen der neuen Generation zu bereiten. Der Produzent Yannis Mallat lud mich in das Studio in Montreal ein, damit ich mir die ersten Animationstests ansehen konnte, die das Team durchgeführt hatte und damit ich mir ihre Ideen anhörte. Als ich mich mit dem Team traf, wurde mir klar, dass es für sie nicht einfach nur eine Geschäftsidee war. Sie waren im Begriff, ein Meisterstück zu kreieren. In Paris erklärten mir Yves Guillemot und Serge Hascoet, dass sie große Hoffnungen in dieses Team und in das Potenzial der Lizenz setzten und dass Ubi Soft bereit sei, wirklich große Anstrengungen zu unternehmen und sie ihr Bestes für dieses Spiel geben würden. Wir haben dann eine Vereinbarung ausgearbeitet, in der Ubi Soft die exklusiven, weltweit geltenden Lizenzrechte eingeräumt wurden, PC- und Videospiele zu Prince of Persia zu entwickeln und zu veröffentlichen.
Ubi Soft hat mich als Kreativberater mit ins Boot genommen, damit ich gemeinsam mit dem Team diesen Titel zu einem größtmöglichen künstlerischen und kommerziellen Erfolg mache. Dass sie mich als Außenstehenden gebeten haben, an diesem Projekt mitzuarbeiten, ist ein großer Vertrauensbeweis. Meine Zielsetzung für die Zusammenarbeit mit Yannis Mallat und dem Creative Director Patrice Desilets ist es, die Homogenität von Story, Charakter und Gameplay zu überwachen. Teilweise arbeite ich unmittelbar mit den anderen Teammitgliedern zusammen, zum Beispiel mit dem Leveldesigner David Chateauneuf, dem Art Director Raphael Lacoste, dem KI-Programmierer Richard Dumas oder den Game Designern Marc-Andre de Blois und Lionel Rico und gebe meinen Input in bestimmten Bereichen. Insgesamt versuche ich, über alle Aspekte des Projekts auf dem Laufenden zu sein und mich mit meinen Eingaben auf die Bereiche zu konzentrieren, in denen sie am wertvollsten für das Projekt sind.
Welches Know-how bringt Jordan Mechner in das Projekt mit ein?
Meine Spezialität als Gamesdesigner ist es, im Spiel selbst eine Geschichte auf kinematische Art zu erzählen und nicht nur mit Hilfe von kinematischen Cutscenes. Sowohl meine Erfahrung als Filmemacher und Drehbuchautor, als auch meine bisherigen Spiele Karateka, Prince of Persia, und The Last Express haben mich viel von dem gelehrt, was ich jetzt in das Team einbringen kann, das an Prince of Persia – The Sands of Time arbeitet. Ich habe sehr eng mit dem Produzenten Yannis Mallat und dem Creative Director Patrice Desilets zusammen gearbeitet, um eine Story zu entwickeln, die die tollen Gameplay-Elemente tragen und vorantreiben würde.
Ein Bonus war, dass ich die Regie bei den Dialogaufnahmen führen konnte. Zum ersten Mal habe ich Regie bei den Synchronisationsarbeiten zu Last Express geführt, dessen Handlung von Dialogen voran getrieben wurde und in dem über 60 Sprechrollen vorkamen. Wann immer es möglich ist, übernehme ich diesen Job gerne, denn ich finde, dass dies eine natürliche Fortsetzung des Drehbuchschreibens und der Dialoggestaltung für das Spiel ist. Sprecher neigen dazu, Videospiele als Mini-Auftritte zu sehen, die nur eine Stufe über TV-Werbespots stehen. Um aber Leistungen zu bringen, die so nuancenreich und emotional überzeugend sind, wie Schauspieler sie in ihrer Film- und Bühnenarbeit zustande bringen, brauchen sie die Unterstützung eines Regisseurs, der gefühlsmäßig mit der Story und den Charakteren verbunden ist und den Sprechern das auch glaubwürdig und mit Leidenschaft vermitteln kann.
Die Cutscenes in Prince of Persia – The Sands of Time stellten eine besondere Herausforderung für Ubi Softs Kinematik-Team dar, denn sie sind voller Action, teilweise sehr kurz und eng mit dem Gameplay verwoben. Weil mir die Story so gut vertraut war, konnte ich die Sprecher schon anweisen, bevor die visuelle Umsetzung überhaupt fertig war. Ich konnte dem Cinematics Director Ron Martin und dem Sounddesigner Simon Pressey fertige Aufnahmen liefern, mit denen sie zu einem viel früheren Stadium arbeiten konnten, als es normalerweise der Fall gewesen wäre.
Können Sie erläutern, wie die Story verfasst wurde?
Das Team hatte bereits die zentralen Gameplay-Features entwickelt, also haben wir versucht, eine Storyline zu finden, die diesen großartigen Ideen Leben einhauchen würde. Produzent Yannis Mallat und Creative Director Patrice Desilets haben sich mit mir zusammengesetzt und so haben wir eine überzeugende, aber dennoch einfache Geschichte ausgearbeitet, die dann von mir zu einem Drehbuch erweitert wurde. Das war vor ungefähr einem Jahr. Die Story wurde kontinuierlich überarbeitet, zumeist in der Richtung, dass sie straffer, sauberer und überzeugender gemacht wurde und die Gefühle der Charaktere wirklich herüberbrachte. Selbstverständlich mussten auch die Veränderungen im Spiel- und Leveldesign in Betracht gezogen werden. Ich bin sehr stolz darauf, dass das Drehbuch so eng mit dem Gameplay verbunden ist. Das Spiel wird von der Geschichte voran getrieben und das Gameplay treibt die Geschichte voran.
Welche Philosophie steht hinter der Entwicklung des Spiels? Was wollen Sie den Spielern bieten, die „Prince of Persia – The Sands of Time” kaufen?
Seit etwa 1985 sehe ich mich selbst als einen Gelegenheitsspieler, ich spiele sogar eher selten. Mein Ziel ist es also immer, eines von den 1-2 Spielen im Jahr zu kreieren, die mich wirklich begeistern und so in ihren Bann ziehen, dass ich sie bis zum Ende durchspiele. Die wesentlichen Kriterien sind für mich die Spielumgebung und die Storyline. Als Spieler möchte ich von einem übergreifenden Kunsterlebnis gefangen genommen werden und nicht nur ein kommerzielles Produkt haben. Ich will spüren, dass die Schöpfer etwas ausdrücken wollten und dass ich, wenn ich das Spiel bis zum Ende durchspiele, die Visionen der Schöpfer erkenne.
Ich achte auf einen Sinn für Schönheit und Details, die Geschlossenheit der Geschichte und des Spieldesigns. Das sind die wichtigsten Werte für mich, und wenn ich sie nicht entdecken kann, verliere ich schnell das Interesse. Ich hoffe, dass alle Spieler, ob nun Gelegenheitsspieler oder Hardcore-Gamer, diese Eigenschaften bei Prince of Persia – The Sands of Time wahrnehmen und würdigen können.
Eine weitere Eigenschaft, die schon für den Erfolg von Prince Of Persia 1 wichtig war, ist die Freude an der Bewegung. Das Gefühl, dass man eins ist mit der animierten Spielfigur auf dem Bildschirm, dass man nicht einfach nur mechanische Bewegungen vollführt, um den Level zu beenden, sondern dass man praktisch fliegt – einfach Spaß verspürt, weil man anmutige, akrobatische Bewegungen vollführt. Aus verschiedenen Gründen ist dies heutzutage in 3D viel schwieriger zu erreichen, aber es ist eine der wichtigsten Eigenschaften, von der die Spieler hoffentlich begeistert sein werden, wenn sie POP: Sands of Time spielen.
Hatten Jordan Mechner und Ubi Soft dieselbe Vorstellung von diesem neuen Spiel, als der Startschuss für das Projekt gefallen war?
Mein größtes Anliegen war, dass ein neues Prince-of-Persia-Spiel wirklich etwas Besonderes sein musste und nicht einfach nur die Projektion der Prinzenfigur und des Spieluniversums auf ein anderes Spiel, das schon existierte. Bei meinem ersten Besuch in Ubi Softs Studio in Montreal im Jahre 2001 hatten der Ingenieur Claude Langlais und der Charakter Animator Alex Drouin bereits einen Animationstest durchgeführt, der die Art akrobatischen Gameplays zeigte, den sie sich für den Prinzen vorstellten. Was sie vollbracht hatten, hat mich wirklich umgehauen. Ich hatte richtiges Herzklopfen, so wie es mir vor 15 Jahren schon einmal gegangen ist, als ich den Prinzen zum ersten Mal auf meinem Apple II ans Laufen gebracht hatte. Damals waren schon Laufen, Springen und Klettern eine Riesensache.
Seit der Zeit sind so viele Spiele auf dem Grundgerüst des Prince-of-Persia-Gameplays entstanden und weiter entwickelt worden, dass das Team sich darüber im klaren war, noch einen Schritt weitergehen zu müssen, um dieselbe Begeisterung und denselben Zauber hervorzurufen wie damals. Es war wirklich toll, dass sie diesen Test schon in einem so frühen Stadium durchgeführt haben, denn so waren wirklich alle zuversichtlich, dass ein Spiel entstehen würde, das keinem anderen schon erschienenen Spiel gleicht.
Bei meinen ersten Treffen mit dem Team haben wir viele Ideen ausgetauscht und darüber gesprochen, was wir uns erhofften und was wir auf keinen Fall wollten. Mein Eindruck war, dass ihre Ideen genau das waren, was Prince of Persia brauchte und als ich sie wieder verließ, war ich wirklich begeistert von den Möglichkeiten, die sich durch die Pläne dieses Teams eröffneten.
Wie sehen sie die Zukunft der Reihe Prince of Persia?
Meiner Meinung nach wird es schwierig sein, mit Prince of Persia – The Sands of Time Schritt zu halten. Das Projekt war für mich eine der seltenen Gelegenheiten, bei der ein großartiges Team und eine großartige Idee zusammentreffen und dabei mehr erschaffen als die Summe der einzelnen Komponente. Es ist ein junges Team mit jeder Menge Talent und Enthusiasmus und ich bin sicher, dass wir in Zukunft noch eine Menge von ihnen hören werden! Es ist nahezu unmöglich vorauszusagen, wie dieser oder jener Titel vom Markt aufgenommen wird, aber was immer auch mit Prince of Persia – The Sands of Time passiert, ich weiß, dass diese Menschen ihr Herzblut in diesen Titel gesteckt haben und ich werde auf jeden Fall mit Freude auf diese Erfahrung zurück blicken.