Warum bekommt ein österreichischer Online-Blog ein deutsches, kaputtgeschnittenes Testmuster zugeschickt? Richtig: Keine Ahnung! Aber tun wir doch einfach mal so, als ob es nur genau diese Version von Bulletstorm geben würde.
Bulletstorm ist einfach übertrieben. Übertrieben bunt, übertrieben platt, übertrieben große Radwalzen. Beim Setting ruft das Shooter-Herz: „Endlich mal was anderes!“ Endlich kein Welt-Kriegs-Hab-Ich-Schon-Hundert-Mal-Gesehen Setting, sondern prächtige Farben, abwechslungsreiche Innenlevel von Höhlen bis zu Raumschiffen. Scifi trifft Comic. Worum es eigentlich genau geht? „Soldat kommt bei einer Mission hinter zwielichtige Geschäfte des General und will diesen dann mal so richtig die Leviten lesen.“
Ja, Bulletstorm lebt nicht von der großen Story. Es steht aber auch den Call of Dutys und Medal of Honors in überhaupt nichts nach. Im Gegenteil. Die Charaktere von Bulletstorm sind erfrischend ehrlich. Der Humor hängt irgendwo zwischen Deine-Mudda- und Chuck-Norris. Aber die One-Liner kommen so spontan, locker und eben völlig übertrieben über die virtuellen Lippen, dass es eine Freude ist. Fahrstuhltasten werden ausschließlich mit der ganzen Faust gedrückt und so ziemlich alles was im Weg steht, einfach weggetreten. Davon können sich Serious Sam und der Duke noch eine dicke Scheibe Prolo-Verhalten abschneiden. Proleten-Schlussverkauf sozusagen.
Schlussverkauf war anscheinend auch im Munitions-Laden, denn die Mengen an Patronen, die ihr in die Gegner-Statisten haut, ist schon ziemlich beeindruckend. Richtige Statisten. Die KI bewegt sich irgendwo im Bereich Toastbroat, aber das schadet dem Spielspaß nicht. Der Fokus liegt sicherlich nicht auf dem Überleben, Bulletstorm macht auch hier einen entscheidenden Unterschied. Das Skill-Shot System ist herrlich motivierend. Zwar hört es sich etwas martialisch an, dass man für die Kreativität beim Umlegen der Gegner mehr Punkte bekommt, allerdings ist auch das so schamlos übertrieben, dass es mehr an Comic-Gewalt erinnert.
Aber eins nach dem anderen: Lauft ihr einfach nur durch das Spiel und schickt einfach einen nach dem anderen ins Jenseits gibt es auch weniger Punkte. Die Punkte benötigt ihr im Verlaufe jedes Kapitels für Waffenupgrades, neue Ballermänner und Munition. Benutzt ihr aber eure eingebaute Peitsche, zieht damit den Widersacher an euch ran, tretet ihn mit einem gekonnt kräftigen Fußtritt wieder weg (vorwiegend in Richtung Kaktus, Abgrund, Starkstrom oder Feuer) und gebt ihm noch ein paar Kugeln in den Allerwertesten mit, überschüttet euch Bulletstorm nur so mit Punkten. Kurz atmen. Und weiter geht das Spiel. Der Kreativität sind fast keine Grenzen gesetzt. Vor allem die Interaktion mit der Umwelt ist wirklich motivierend.
Aber! Ja aber! Das einzige und ja wirklich einzige mit dem Bulletstorm geizt, ist die Gewaltdarstellung. Da kratzt man sich schon etwas am Kopf. Kein Blut (naja ok der vorher so verarschte Bloody-Screen ist auch hier wieder mit dabei), merkwürdiges Rag-Doll-Verhalten und anscheinend hat man auch einiges anderes aus dem Spiel gelassen. Statt den Gegner in den Ventilator fliegen zu sehen, blinkt dieser einfach aus. Nicht, dass ich das gerne sehen will, aber irgendwie sieht das unfertig aus. Auch atmosphärisch wirkt das Spiel an vielen Stellen unfertig. Irgendwie scheinen meine Mitstreiter Sixth Sense-artige Fähigkeiten zu haben. Da wird von „Massakern“ gesprochen und „Ekel“. Und was sehe ich? Einen halbdunklen Raum mit verrosteten Stühlen, Gittern und Ketten.
Auch andere berichten von solchen Erlebnissen. Vielleicht doch eine kaputte Version?
So und jetzt mal zurück zur Realität. Bloß nicht falsch verstehen: Bulletstorm bietet alles, was ich im Text geschrieben habe. Es macht immensen Spaß. Ich bin großer Fan von Serious Sam und Bulletstorm ist genau das, nur mit Peitsche (und ein paar weniger Gegnern). Unsere Testversion ist eigentlich ein kaputtes Spiel. Ich muss aber sagen: Nicht zu 100% kaputt, wie es oft behauptet wird. Es macht trotzdem Spaß, auch wenn ein wichtiges Spielelement eben fehlt. Die Gewaltdarstellung ist nicht zur Belustigung der Spieler da, sondern eben zentrales Spielelement, das bei vielen Skill-Shots wichtig wäre. So aber sterben die Gegner immer auf die gleiche Weise, nur die Punktzahl und Texteinblendung sagt etwas anderes. Ob das sinnvoll oder sinnlos ist, brauch nicht diskutiert zu werden. Wir waren schon oft beim Thema „übertrieben“. Völlig übertrieben an unserer Version sind eben die Schnitte. Diese wirken als hätte sich ein cholerisches Kindergarten-Kind mit der Bastelschere an einem Stück Pappe ausgelassen. Alles andere an Bulletstorm ist stimmig, passt und macht einfach Laune.
Fazit: Wenn es nur diese eine Version von Bulletstorm geben würde, würde ich auch eine Kaufempfehlung abgeben. Vor allem an alle, die auch ein paar Macken vertragen. Da es aber eine andere, nicht kaputte Version gibt, kauft lieber die!