Ein knatterndes kleines Vehikel. Maschinengewehr- und Flammenwerfersalven auf Knopfdruck, die von der Umgebung nichts übrig lassen. Eine giftsprühende Fauna, alle paar Meter ein durchgeknallter Mutant – und kein Elf weit und breit. Das postapokalyptische Setting von ’Auto Assault’ in bester Tradition eines ’Mad Max’ verspricht dem verwöhnten Spieler von Fantasy-Online-Spielen wieder ein düsteres Weltbild unserer Zukunft. Doch was will das Spiel eigentlich von uns?
Ich trete also auf das Gaspedal und lerne gleich zu Beginn, was es heißt, wenn das Fahrzeug nicht einen Hauch von realen Fahreigenschaften besitzt. Ziemlich unbeholfen kurve und gleite ich also durch die von zahllosen Kriegen gezeichnete Landschaft. Es scheint, als würde alles, was auf mindestens zwei Beinen oder Rädern ist, hinter mir her sein, um mich zu fressen. Untermalt von stimmigen dunklen SF-Klängen ignoriere ich den dämlich klingenden Motorensound und nehme gespannt den ersten Gegner ins Visier. Das dann folgende eher komisch wirkende Rattern des Maschinengewehrs holt mich spätestens jetzt wieder in den Alltag zurück.
Zu Fuß oder auf vier Rädern
Das Gameplay von ’Auto Assault’ ist zweigeteilt. Brettert man nicht gerade per Vehikel durch die Landschaft, geht das Abbild des Spielers in den Städten und Siedlungen in körperlicher Form seinen Geschäften nach. Hauptsächlich, um einfach die zahllosen Gegenstände beim örtlichen Schrotthändler gegen Bares einzutauschen oder um aus Einzelteilen wie kaputten Waffen, Panzerungen, Motoren usw. wieder etwas Brauchbares herzustellen. Leider werden bei der derzeitigen Präsentation des Interfaces auch Spieler ohne Sehschwäche ziemliche Schwierigkeiten damit haben, die oft nur pixelgroßen Gegenstände im Inventar überhaupt voneinander unterscheiden zu können. Wer gerne einem Handwerk nachgehen möchte, sollte also unbedingt eine Lupe vor dem Monitor spannen. Schade auch, dass nur Gegenstände repariert und verbessert, nicht aber selbst aus einzelnen Zutaten hergestellt werden können.
Gewöhnungsbedürftig
Generell ist die Präsentation des abgedrehten MMOGs beim aktuellen Stand der Dinge äußerst dürftig. Sieht das eigene Fahrzeug noch ganz ordentlich aus, hatte ich ganz besonders bei der Ausstattung der Spielwelt den Eindruck, mich um Jahre in der technischen Entwicklung zurückversetzt zu fühlen. Vielleicht wollte man ja auch nur des rauen Szenarios wegen nicht mit filigran realisierten Grafiken der Umgebung den allgemeinen Eindruck zerstören. Jedenfalls ist die Optik ziemlich gewöhnungsbedürftig und verlangt dem Spieler ein gehöriges Maß an Kompromissbereitschaft ab. Und das vor dem Hintergrund, dass der Release von ’Auto Assault’ in der Vergangenheit zwecks Optimierungen doch eigentlich stark nach hinten verschoben wurde.
Du bist da draußen ein kleines Würstchen
Hinsichtlich der Zerstörbarkeit der Umwelt hat Entwickler NetDevil den Mund nicht zu voll genommen. Nahezu alles, was vor der Knarre des Fahrzeugs auftaucht, kann zerstört werden. Apropos Knarre: Hier werden der sadistischen Fantasie des Spielers fast keine Grenzen gesetzt. Das Fahrzeug besitzt an der Front, dem Heck und dem Dach Einbauplätze für herkömmliche Waffen, Flammenwerfer, Laser oder Granatwerfer. Besonders Gnadenlose können sich zudem Kreissägeblätter an den Kühlergrill montieren. Das Waffenarsenal hört sich mächtig an. In der Praxis der Outlands relativieren die offensichtlich noch nicht von einem ausgewogenen Balancing betroffenen Gegnerscharen die Waffengewalt jedoch auf ein bescheidenes Maß. Überhaupt zeigt sich die Stärke der Angreifer zu oft als unfair und frustriert den Charakter während der Erfüllung seiner Pflichten.
Erinnerungen werden wach
Pflichten? Ja auch Quests gibt es in ’Auto Assault’. Und dafür sollte man froh sein. Denn ohne Aufgaben wäre das Spiel aufgrund der Seltenheit, mit der man auf der Autobahn anderen Spielern begegnet, noch langweiliger, als es eigentlich schon ist. Hier sollte man sich schon in einer der Städte mit anderen Spielern zu Konvois (Gruppen) zusammenschließen, um draußen nicht vor Einsamkeit zu sterben.
Bei den an jeder Ecke verfügbaren Quests fühlte ich mich dann aber schon wieder fast wie bei so vielen anderen MMORPGs zu Hause: Suche Ort X auf, töte Bösewicht Y und erzähle davon Z. Punkt Y kann der Abwechslung zuliebe auch erweitert werden: Nimm ihm oder ihr Gegenstand 08/15 ab. Die Hintergrundstory um den Konflikt der drei Völker, ist höchstens eine Randnotiz wert.
Gewohnte Standards
Apropos Rassen: Menschen, Mutanten und Biomeks hatten wohl gemeinsame Vorfahren. Jedenfalls entsteht dieser Eindruck, da sich die jeweils vier verfügbaren Klassen kaum von denen der anderen Völker unterscheiden. Bestehende Unterschiede rühren höchstens von einer Spezialeigenschaft des Volkes her. Generell findet sich auch in ’Auto Assault’ das bekannte Klassen-Schema aus anderen MMOGs. Eigentlich sollte der sogenannte Gefahren-Modus für zusätzlichen Aha-Effekt sorgen. Doch als ich die dazu zu füllende Anzeige nach tagelangen Spielens endlich voll hatte, wurde mir in einer höchst bedrohlichen Situation nach Betätigung des Auslösers schonungslos mitgeteilt, dass ich irgendein Bauteil dafür noch nicht besorgt hatte.
Was will das Spiel?
Es liegt auf der Hand, dass ’Auto Assault’ nicht mit Rennspielen, die auf einer realistischen Fahrsimulation beruhen, konkurrieren will. Und das muss es auch nicht. Jedoch frage ich mich, was ’Auto Assault’ eigentlich will bzw. wen von uns ansprechen will? Nahezu jedes Feature des MMOGs präsentiert sich aktuell als unbefriedigend oder höchstens mittelmäßig. Wenn schon nicht eine zeitgemäße Optik angestrebt wird, dann sollten wenigstens die Inhalte stimmen. Trotzdem zeigen die Quests nach nicht allzu langer Zeit Wiederholungstendenzen und tragen so nicht gerade zum Spielspaß bei. Handwerker werden sich aufgrund der wenigen Möglichkeiten in ihrem jeweiligen Fach ebenfalls unterfordert fühlen. Was aber zu noch viel mehr Frustration beiträgt, ist das aktuelle Balancing der Gegnerschaft von ’Auto Assault’. Das ist streckenweise einfach nur unfair und sollte möglichst schnell in Angriff genommen werden.