Das Singleleben – man ist allein und doch ist es nie einfach. Soll der Titel Singles 2, seinerseits irgendwie ein Paradoxon, auf diesen frappierenden Missstand hinweisen?
Am Singleleben scheiden sich die Geister. Die Einen verspüren eine gähnende Leere im Herzen, in Ermangelung einer Liebsten, die Anderen verspüren diese Leere im Magen – weil niemand für sie kocht. Für beide Probleme gibt es nur ein Gegenmittel: ein Partner muss her! Diese/r will aber erst einmal gesucht, gefunden und erobert werden und genau um darum geht es in Singles 2.
Der Ersteindruck von Singles 2 war durchwegs positiv: Nette Verpackung, brauchbares Handbuch, hübsche Grafik. Alles in allem also eine gelungene Präsentation. Weniger begeistert war ich nach einem Klick auf den Button „Story“. Kurz zusammengefasst schaut die folgendermaßen aus:
Ein junger Mann hat eine Freundin. Diese Freundin enttäuscht er; sie verlässt ihn. Gott sei Dank ist den beiden jedoch Amor wohl gesonnen und sie landen zufällig in der gleichen 3er WG. Einer Versöhnung scheint nichts mehr im Wege zu stehen. Menschen mit ausgeprägter analytischer Denkfähigkeit sagen jetzt: „Halt, drei ist einer zu viel!“ Diese schlauen Leute haben Recht, die dritte Person in der Wohnung dient schlicht dem Aufputz und ist eher Statist; und den Wert von Statisten kennen wir nicht zuletzt von Star Trek. Langer rede kurzer Sinn: die Story ist doch reichlich simpel gestrickt und durchschaubar. Als Tutorial für ein Endlosspiel ist sie aber durchaus zu gebrauchen. Um seinen Computer nicht unnötig zu gefährden sollte man sich nach so viel Schnulz vor dem Weiterspielen aber besser das Schmalz von den Händen Waschen.
Erfreulicher als die Story ist in jedem Fall die Grafik. Vor allem die Mimik ist gelungen und kommt in den ansprechenden Gesichtern gut zur Geltung. Die Spielfiguren und ihre Umgebung sind nett anzusehen und wecken Erinnerungen an den Vorgänger von Singles 2. Eine Sache an die ich mich wohl nie gewöhnen werde ist die genretypische Sprache, derer sich die interagierenden Sims, äh, Singles im Konversationsfall bedienen. Die Soundkulisse kann man im Großen und Ganzen dennoch als gut und zu dem Spiel passend bezeichnen.
So genretypisch wie die Sprache ist die Steuerung. Ein Klick und schon bewegt sich Josh durch die Wohnung. Ein Klick auf Anna, einer auf Erotik und noch einer auf Zungenkuss und schon… naja, die Details erspar ich mir jetzt. An dieser Stelle eine Warnung:
Liebe Männer (denn Frauen sind nicht so unanständig)! Versucht jetzt bitte nicht ein Mädel, das euch gefällt, mit dem Zeigefinger anzuklicken – sie wird euch das Bier, dass sich bei dieser Tat bestimmt in eurer freien Hand befindet, genüsslich über den Kopf schütten!
In Singles 2 hat der Spieler weit reichende Gestaltungsfreiheit. Zum Dekorieren der Wohnung kann aus einem großen Fundus aus Möbeln und Accessoires geschöpft werden und ebenso können die Spielfiguren immer wieder neu eingekleidet werden. Neben diesen rein optischen Möglichkeiten besteht außerdem die Möglichkeit verschiedenste Figurenkonstellationen herbeizuführen – Homosexualität ist in Singles 2 kein Tabuthema.
Ebenso wenig wird in Singles 2 Nacktheit und Sexualität nicht, wie etwa bei den Sims, durch verschwommene Darstellung der geschlechtsspezifischen Merkmale umgangen. Die Singles Figuren zeigen was sie haben und toben sich aus; die Intimsphäre wird dabei natürlich dennoch bis zu einem gewissen Grad gewahrt.
Wo wir gerade beim Thema Sexualität sind: in Singles 2 muss auf einige Grundbedürfnisse der Figuren eingegangen werden: neben der Befriedigung erotischer Verlangen ist es wichtig für ausreichende Hygiene zu sorgen, Hunger zu vermeiden, Energie zu tanken, Freundschaften zu schließen, Spaß zu haben und romantische Momente in einer komfortablen Umgebung zu genießen. Allerdings muss an dieser Stelle die Unselbstständigkeit der Spielfiguren erwähnt werden. Sie sterben lieber fast den Hungertod bevor sie sich etwas Kochen und erledigen so gut wie nichts auf eigene Faust. Für den Spieler ist es mehr Belastung als Belustigung, wenn er annähernd alle Aktionen von drei Figuren steuern muss.
Singles 2 ist ein Aufguss seines Vorgängers, der nicht jeden Spieler vom Hocker werfen wird. Fans von „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ und „Verbotene Liebe“ werden die Geschichte lieben, die Wohnungen ihrer Singles liebevoll dekorieren und mit Taschentüchern vor dem Bildschirm sitzen, wenn Josh Linda einen Korb gibt, um stattdessen Natasha in die Arme zu fallen. Alle die nicht zu dieser Zielgruppe zählen, werden sich an den detailgetreuen Figuren erfreuen und nach kurzer Zeit das Interesse an Singles 2 verlieren, das einen geringen Wiederspielwert hat. Außerdem nerven die doch sehr unselbstständigen Figuren bald und mitunter auch längere Ladezeiten bei Speichern, Laden und sogar Beenden des Spiels. Fans des ersten Teils bietet Singles 2 – Wilde Zeiten eine Fortsetzung der gewohnten Spielatmosphäre und ist daher durchaus zu empfehlen. Wer umfangreichere Möglichkeiten schätzt und länger Spaß haben will, sollte sein Geld besser in Sims 2 investieren.