Alaska, nach tagelangen Schneestürmen gabs endlich wieder grünes Licht zum Starten der Helikoptermotoren. Genüsslich ziehe ich auf meinem Snowboard eine Linie durch den Pulverschnee und bestaune dabei die majestätisch anmutendenden Berggipfel, während mir der kalte Wind übers Gesicht fegt. Plötzlich aber kommt dieser kleine grüne Bastard von links und schneidet meinen Weg. Der schon wieder! Ich hefte mich sofort an seine Fersen und überhole ihn bei einem Sprung über eine Gletscherspalte. Frostig pfeift der Wind um meine Ohren und als ich schon denke ihn abgehängt zu haben, höre ich plötzlich ein bedrohliches Grummeln hinter mir…
Bevor es weitergeht, ein kleiner Rückblick: Das kleine Entwicklerteam Bongfish aus Graz ist einigen von euch wahrscheinlich durch das Freewarespiel Stoked Rider aus dem Jahre 2002 bekannt. Das konnte immerhin eine halbe Million Downloads erzielen, und ist der eigentliche Motivationsstoß für das aktuelle Projekt gewesen, das hat aber mit dem alten Spiel außer einigen Kleinigkeiten nicht mehr allzu viel gemein.
Geblieben ist nur das Prinzip, dass ihr einen Berg hinunterstürzen dürfte. Allerdings habt ihr jetzt keinen Endlos-Parcour mehr vor euch, sondern ein etwa 20 km² großes Gebirge. Gestartet wird zu beliebiger Tageszeit in einem Hubschrauber, mit dem ihr um den Berg herumkurvt und einen beliebigen Punkt zum Losfahren sucht. Das Herumcruisen macht schon von sich aus einigen Spaß, schließlich hat Freerider-Größe Tommy Brunner maßgeblich an der Entwicklung mitgeholfen. Als zusätzliche Motivation sind überall auf dem Berg diverse Goodies versteckt, mit denen ihr euren Fahrer ausrüsten dürft. Darunter sind nicht nur neue Snowboards, Bindungen Rucksäcke und Schibrillen sondern auch modische Outfits.
Nur suchend am Berg rumzufahren, das kann man in der Realität (zumindest in Österreich und Alaska) auch. Bongfish hat das richtig erkannt und sich wohl gedacht "Da muss mehr Action rein, damit die Rebell-Wertung stimmt". Also gibt es auch Rennen zu bestreiten. Beim Freeriden kann man sich das ungefähr so vorstellen: Man startet an einer Boje im Schnee und hat dann (fast) freie Linienwahl bis zur Zielboje. Die Richtung wird nur durch wenige Tore vorgegeben, die verhindern sollen, dass die Spieler einfach kerzengerade den Berg runter rasen. Der Gegner ist das Eingangs angesprochene grüne Ding: ein grooviger kleiner Alien mit Rasta-Frisur und dem Hang zur Aggression. Und so gestaltet sich das Brettern durch den Tiefschnee äußerst spannend, während man auf der Suche nach der besten Linie über Sprünge und steile Abfahrten, eisige Stellen und durch Felsformationen hindurch einen kleinen E.T. mit Box-Einlagen eindeckt (und natürlich auch solche einstecken muss). In der Endfassung ist außerdem noch ein extrem cooles Feature geplant. Durch geschicktes Querstellen des Boards kann man dem Gegner nämlich eine Lawine hinterherjagen. Leider konnten wir das noch nicht ausprobieren, bis zum Release im dritten Quartal 2005 werden wir euch aber sicher ein Update nachliefern.
Mit der Zeit könnt ihr euch dann auch einen besseren Hubschrauber leisten, mit dem ihr dann höhere Gefilde am Berg erkunden dürft, während dieser in strahlenden Sonnenschein gehüllt ist oder Schneestürme umhertoben. Das geschieht übrigens über eine sehr einfach gehaltene Steuerung per Maus. Auf die Tastatur wird weitgehend verzichtet.
Bongfish hat für Stoked Rider ft. Tommy Brunner eine vollkommen neue Grafikengine programmiert. Die besticht durch stylischen Cell Shading-Look und die Integration einer mächtigen Physikengine (Ankündigung folgt demnächst offiziell).
Diese Technologie kommt zwar auch in der Next Generation-Engine eines prominenten US-Entwicklerteams zum Einsatz, war in ihrer ursprünglichen Version aber für Stoked Rider 3 noch nicht umfangreich genug. Bongfish hat einige Änderungen programmiert, die ihnen beim Hersteller erst niemand zugetraut hat, und die für die bislang unerreichbar erscheinende Havok-Engine erst in der nächsten Version angekündigt sind.
Die Ergebnisse lassen sich durchaus sehen. Die Bewegungen des Boarders werden Echtzeit-berechnet und wirken (ebenso wie die zahlreichen Sprungeinlagen) absolut flüssig. Besonders imposant sind die Stürze. Selbst als abgehärteten Computerspieler tut es mir schon fast selber weh, wenn ich mich über eine Kante lässig hinauslasse, nur um dann auf knochenbrecherische Weise drei Überschläge meines Boarders mitansehen zu dürfen.
Was die ganze Sache noch erstaunlicher macht ist Folgendes: Stoked Rider 3 wird über das Internet vertrieben und dementsprechend haben die Entwickler die Datengröße klein gehalten. Im Endeffekt wird ein 20 Megabyte großer Download dank prozeduraler Technik ausreichen um das gesamte Spiel mitsamt Musik am Rechner zu haben.
Apropos Musik: Es gibt einen integrierten MP3-Player für eure eigenen Lieblingssongs während des Boardens. Auch Onlinestreams könnt ihr damit nach derzeitigem Stand hören. Mitgeliefert werden außerdem Stücke von Red Lights Flash (Punk-Rock) und Wisdom & Slime (Hip-Hop).
Über den endgültigen Preis ist noch keine Entscheidung gefallen. Zum Release (nicht selbstverständlich: für PC, Mac und Linux) wird man durch den Internetvertrieb aber auf jeden Fall weniger zahlen müssen als für Spiele im Handel. Davon kann sich Valve eine Scheibe abschneiden.
Als Systemanforderung ist bislang nur bekannt, dass ein Mac-Mini reichen soll, die PC-Voraussetzungen stehen noch nicht fest.
Anfangs war die Skepsis: Was die Jungs aus Graz da planen, hat nichts mehr mit jenen kleinen Puzzle-Projekten zu tun, die man sonst so aus der Downloadable-Sparte kennt. Seit Januar 2005 werde ich mit jeder neuen Version des Spiels versorgt, und was zu Beginn naturgemäß noch etwas zaghafte Begeisterung auslöste, ist nach zwei Monaten in pure Vorfreude umgeschwenkt. Grafisch sieht das Ganze trotz dem Fehlen vieler Features schon jetzt extrem rund aus, spielen tun sich die anspruchsvollen Abfahrten vom Berg eigentlich auch bereits wie ein fertiges Game. Bongfish kann im Grunde jetzt schon damit anfangen die letzten geplanten Features zu integrieren, und dafür, und für den Feinschliff, bleibt noch genügend Zeit. Wir PC-Spieler haben lange auf ein Snowboardspiel warten müssen, dank dem wir Amped & Co. nicht mehr nachweinen müssen. So wie es derzeit aussieht, können wir den Spieß im Sommer endlich umdrehen und die Konsoleros werden neidisch auf PC-, Mac- und Linux-Benutzer blicken müssen.
Ersteindruck: Sehr gut