Halo – The burning ring of fire…

Es ist für PC-Spieler dank jahrelanger Marketing-Verarsche mehr Hass-Objekt als Sondertitel, für Xboxler allerdings eines der ersten Argumente für ihre Konsole – Halo. Nach der verkorksten Umsetzung auf den PC in letzten Jahr folgt nun exklusiv für den Microsoft’schen Spieleklotz der Nachfolger – zeitgleich mit einer gigantischen Werbekampagne. Lohnt es sich auch?

Halo ist zerstört, der Master Chief ein gefeierter Held, die Erde scheint gerettet. Zu Beginn der direkt an den Vorgänger anknüpfenden Story kehrt der „gepanzerte Mann“ gerade auf eine erdnahe Raumstation zurück, als unerwartet eine kleine Covenant-Flotte (die Covenant sind die mit den Menschen verfeindete Alienrasse) aufkreuzt und die Abwehr der Erde gehörig aufmischt. Paralellen zu Halo treten auf und wir beginnen wieder damit ein angegriffenes Raumschiff vom Feindgesindel zu säubern. Das getan, treibt es uns aber erstmal auf die Erdoberfläche, wo ein Invasionskommando der Covenant gerade in eine Stadt eindringt. Einer der besten Parts von Halo 2 findet hier statt. Wilde Ballereien durch stimmige Häuserruinen, Jeep-Verfolgungsjagden durch Autotunnel und die Hatz auf einen riesigen, spinnenförmigen Panzer lassen die Hände am Gamepad schwitzen. Leider dauert die in der Werbung viel propagierte Rettung der Erde nur kurz, die Reise verschlägt uns zurück ins Weltall und wir finden uns bald wieder auf einem zweiten Planetenring wieder.

Dort nimmt alles seinen gewohnten Lauf. Als Master Chief knallt man sich durch oft sehr austauschbare und sich wiederholende Gebäudekomplexe, folgt streng linearen Levelwegen und ärgert sich mit allerlei bösartigem Gesocks herum. Wie schon im ersten Teil versprüht der Hauptcharakter als Retter der Menschheit soviel Charme wie ein betrunkener aber schlafender Pudel und lässt so wenig Identifikationspotential für den Spieler zu. Ganz anders aber die eigentliche Story-Neuheit in Halo 2: Ihr steuert auch einen Covenant. Der wird in seiner Heimat der Ketzerei beschuldigt weil er für die Bewachung des ersten Halo-Planeten zuständig war, ihn aber vom „Dämon“ (=Master Chief) zerstören lies. Seine Schuld soll er dadurch abarbeiten, dass er sein Leben im Kampf gegen andere Ketzer und auch gegen die Angriffe der Menschen auf den zweiten Ring riskiert. Überraschenderweise wird die Geschichte auf Seiten der Covenant viel facettenreicher erzählt, fällt insgesamt deutlich interessanter aus. Schade, das Halo-Universum hätte sicher einen deutlich spannenderen Plott für beide Parteien zugelassen.

Auch sieht man das Ende recht schnell. Wer einen für sich angemessenen Schwierigkeitsgrad auswählt dürfte in knapp 8 bis 10 Stunden dort angelangt sein. Dort wird er sich über einen enttäuschenden Cliffhänger ärgern, der keine echten Spekulationen darüber aufkommen lässt, dass Bungie und Microsoft für das Halo-Franchise zumindest eine Trilogie geplant haben.

Dass es überhaupt so lange dauert, verdankt man auch einem automatischen Speichersystem. Zwar wurden regelmäßig und auch fast immer fair Kontrollpunkte eingesetzt, an denen man im Falle des Todes wieder weiter machen darf, an gewissen Stellen muss man sich aber doch oftmals versuchen. Es mag eine persönliche Eigenheit sein, aber ich hasse solche Frustmomente, und kann Speicherpunkt-Systemen deshalb auch dann nichts abgewinnen, wenn sie in 90 Prozent der Spielzeit perfekt eingesetzt werden.

Im Bereich der musikalischen Präsentation gibt es nichts zu meckern, die Soundwertung wird aber durch eine emotions- und lieblose deutsche Synchronisation gedrückt. Die meisten Figuren klingen so motiviert wie unser Redi Schnech nach einem weggerauchten Kilo Cannabis… ;)

Technisch hat sich Halo 2 eher evolutionär als meilensteinartig weiterentwickelt. Klar: Es sieht besser aus, als sein drei Jahre alter Vorgänger. Trotzdem kann man sich angesichts dessen was die Xbox leisten kann nicht zufrieden geben – von einer Ausreizung kann oft nicht gesprochen werden. Wenn man sich von einigen doch arg kargen Stellen mit dürftigen Texturen erholt hat, und über gelegentliche Texturierungsfehler in den Zwischensequenzen wegsieht, hat Halo 2 aber auch optisch seine Momente. Flauschige Animationen, detaillierte Charaktere, physikalische Spielereien und nicht zuletzt die (abgesehen von den Soldaten menschenleere) Erdenstadt sind die großen Stärken der grafischen Umsetzung. Gerade im Vergleich zu anderen Top-Titeln wie dem PC-Zugpferd Half-Life 2 und auch in der Relation zu anderen Xbox-Spielen bleibt der Shooter aber hinter den Erwartungen zurück. Vor allem die zahlreichen Innenräume sind nach wie vor keine Musterbeispiele dafür, was man mit detailreichem Leveldesign alles verwirklichen kann. Ein wesentlicher Kritikpunkt an Halo konnte also nicht ausgebügelt werden.

Insgesamt entsteht ohnehin der Eindruck, dass man bei Bungie auf Nummer sicher gehen, und auf großartige Änderungen verzichten wollte.

Abgesehen von kleinen Änderungen in der Spielmechanik (zum Beispiel einer veränderte Sprunghöhe) hat sich recht wenig geändert. In der Kampagne kommt man über simples „rennen und auf alles schießen über dem sich das Fadenkreuz rot färbt“ nicht hinaus. Gerade das macht aber im Grunde sehr viel Spaß, dank dem temporeichen Gameplay. Das wird dadurch forciert, dass es mittlerweile keine getrennte Gesundheits- und Schildanzeige mehr gibt. Wenn die Schilder runtergeballert sind, dann ist nach wenigen Treffern der Reload des letzten Speicherpunktes angesagt. Insgesamt halten unsere beiden Helden aber wohl mehr aus als im ersten Teil.

Neu und eine echte Bereicherung ist die Möglichkeit zwei Einhand-Waffen zu führen. Neben einer Steigerung der Effektivität schwächerer Kanonen, bewirkt dies nämlich auch eine Erhöhung des taktischen Tiefgangs. Viele Gegnertypen reagieren unterschiedlich auf den Beschuss durch verschiedene Knarren, eine gelungene Mischung kann da schon mal etwas ausmachen. Damit man mit zwei eigentlichen Müllwaffen aber nicht zum Super-Berserker der alles niedermäht mutieren kann, hat das Dualsystem zwei Nachteile: Man kann die durchaus wichtigen Granaten (es gibt mit den kleben bleibenden Plasmagranaten und den herhömmlichen Splittergranaten zwei Arten) nicht einsetzen, wenn man zwei Waffen führt, und die Schlagangriffe im Nahkampf fallen auch weg.

Auch gibt es einige neue Tötungs-Gerätschaften. Besonders gelungen ist hierbei das Partikelschwert, mit dem man Gegner mit wenigen Treffern eliminieren kann, dafür ist es allerdings ist es nicht immer so leicht auf die nötige Nahkampf-Distanz heranzukommen. Um die Waffe nicht zu mächtig werden zu lassen hat man ihr außerdem eine begrenzte Munitionsladung verpasst (nur im Solo-Modus übrigens). Das Arsenal von Halo 2 ist insgesamt durchaus als gelungen zu bezeichnen.

Im Fuhrpark gibt es ein paar Neuheiten zu erkennen. Optisch zerfallen die Vehikel nun unter Beschuss (ohne deutliche Auswirkungen auf deren Fahrverhalten), und die meisten bekannten haben nun zusätzliche Funktionen wie zum Beispiel einen kurzen Turbo-Antrieb. Einige wenige neue Geräte zur Förderung unserer Mobilität haben uns die Entwickler auch mitgegeben. Weltbewegend Aufregendes ist aber bedauerlicherweise nicht darunter. Vor allem im Multiplayerpart – auf den ich gleich noch kurz eingehe – macht sich eine Innovation aber sehr bemerkbar. Man kann nun auf die Vehikel der Gegner aufspringen und sie runterboxen. Dadurch lässt sich eine eigentlich hoffnungslos erscheinende Lage sehr schnell umdrehen.

Mit dabei ist auch wieder ein Coop-Modus, der neben fast alle Wünsche abdeckenden Team- und Deathmatch-Modi daherkommt. Alle Modi sind stark konfigurierbar. Auf einer Konsole können sich bis zu vier Menschen beschießen, über Xbox-Live und per Xbox-Netzwerk sogar bis zu 16. Ich selber konnte die Xbox-Live Umsetzung leider nicht begutachten, weshalb ich auf das begeisterten Echo anderer Tester zurückgreifen werde.

Ranglistenfunktion, Clan-Support, Zusammenziehung ähnlich starker Spieler (auf Wunsch) und auch sonstiger gewünschter Komfort dürfte gegeben sein. Aus unserer Multiplayerwertung müssen wir den Xbox-Live-Part allerdings dennoch ausnehmen.

Fazit

Hm… ein Addon hätte es eigentlich auch getan. Bungie hat einiges verändert, aber nichts wirklich umgeworfen. Die Solokampagne ist für den empfohlenen Verkaufspreis von 60€ viel zu kurz und grafisch bleibt das Spiel unter den Erwartungen zurück. Nachdem man einen Shooter heutzutage auch schon an Half-Life 2 mitsamt seinem Abwechslungsreichtum, seiner Edel-Optik und allen anderen Vorzügen messen darf/muss, geht Halo 2 als Systemseller für die Xbox ziemlich unter. Allerdings soll das alles nicht darüber hinweg täuschen, dass uns hier ein grundsolides und spannendes Spiel vorliegt, das keine gravierenden Schwächen, dafür aber jede Menge Spaß (vor allem im Multiplyer-Modus bzw. in der Coop-Kampagne) mit sich bringt.

Dass wir uns wieder in den Kampf auf einem Ringplaneten stürzen müssen, ist allerdings in diesem Umfang enttäuschend. Zumindest hätte ich mir einen größeren Part auf der Erde gewünscht. Mitsamt den erhalten gebliebenen Schwächen aus Teil 1 (wiederholende Levelabschnitte, karge Innenräume) bleibt Halo 2 leider eine absolute Top-Wertung verwehrt. Kurz: Als Kaufargument für eine Xbox zu wenig, als Shooter für die Xbox durchaus ein Must Have-Titel…

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