Weg mit dem Speck

Hexfelder sind eine aussterbende Art. Die übermächtigen, freien Spielfelder mit detaillierten Grafiken erdrücken die bedrohte Spezies wo immer sie nur können. Slitherine, die Macher von Commander – Europe at War, sind sowas wie das Greenpeace für Computerspieler. In ihrem neuesten Rundenstrategiespiel schaffen sie ein Biotop für die kleinen sechseckigen Hexfelder. Dort werden sie gehegt, gepflegt und bombardiert.

CEaW spielt (wie fast kein Spiel vor ihm) im Zweiten Weltkrieg. Der Name ist Programm, es geht nur um Europa. Ihr schlüpft in die Rolle des großen Überstrategens – entweder auf Seiten der Achsenmächte (respektive: miese Faschistennazischweine) oder der Alliierten (ihr wisst schon, diese Ritter in schillernden Rüstungen aus Ländern, die heute zwar alle ganz modebewusst verachten, die uns aber einst die Freiheit geschenkt haben). Ihr platziert Runde für Runde eure Einheiten zum Luft-, Wasser- und Bodenkampf in den Feldern rund um euren Städten und schickt sie in den Kampf.

Der Rest ist eigentlich ganz einfach. Zu einfach. Es wird hin-und-her-gezogen, auf das Terrain geachtet und Territorium erobert. Städte und Ressourcenpunkte bringen Geld. Jede Runde lasst ihr eure Einheiten ohne grafische Animationen entweder weiterziehen und angreifen oder stockt angeschlagene Truppen auf oder rüstet sie mit neuen Technologien auf. Produziert ihr zu viele Einheiten, leider deren Qualität (eh klar, wenn jeder der gerade stehen kann zum Heer darf). Manche Truppen verstärkt ihr mit berühmten Kommandanten, dann werden sie im Regelfall ziemlich unknackbar. Die einzige Taktik die es zu beachten gibt: Lasst euch nicht einkesseln.

Der Spielverlauf hält sich weitgehend an historische Tatsachen. Beeinflusbare diplomatische Beziehungen gibt es nicht. Das ist recht nervig. Zum Einen weiß man so schon lange im Voraus was passieren wird (Überraschung! Hitler fällt in Frankreich über Belgien ein!), kann aber trotzdem vor allem im früheren Spielverlauf relativ wenig daran ändern. Zum Anderen fehlt so eine unverzichtbare Spieldimension. Man kann den Spieß nicht umdrehen.

Neben dem Kriegsgeschehen gibt es eigentlich nur einen spärlichen Forschungsbaum. Die Verbesserung der Truppen und einiger anderer Kleinigkeiten hat zwar spielentscheidende Auswirkungen, ist aber halt auch nicht viel mehr als sporadisches Knopferldrücken in einem grausigen Menü. Zu wenig um wirklich Aufmerksamkeit zu erregen, zu viel um es ignorieren zu können. Die Kriegsanstrengungen, die verantwortlich für euren Ressourcenhaushalt sind, steigern sich hingegen automatisch im Spielverlauf. Das führt dazu, dass das Spiel kaum Varianten zur Wirklichkeit zulässt. Wenn man als Großbritannien und Frankreich zusehen muss, wie Deutschland aufrüstet, dann tut man sich halt auch schwer, sich dessen Offensive entgegenzustellen.

Zwar macht Commander – Europe at War schon etwas Spaß, es kann aber einfach zu wenig. Der Sinn eines Skirmish-Strategiespiels ist es doch, den Spielverlauf dynamisch beeinflussen zu können. Diese Möglichkeit schränkt CEaW sehr ein. Man macht eigentlich kaum mehr, als auf den sechs Szenarien einfach seine Truppen zu verschieben. Motivation eine Karte nochmal zu spielen gibt es bestenfalls, um noch einmal die Gegenseite zu sehen, das war es dann aber auch schon. Und noch dazu ist das äußerst langwierig geraten, erweist sich als nicht wirklich schwierig und sieht zudem hässlich aus. 2D-Grafik mag ich ja durchaus immer noch, aber auch die sollte man schöner gestalten. Gegen CEaW sieht ja Civilization 2 noch wie ein Detailoverkill aus.

Für anspruchslose Puristen mag das alles befriedigend sein. Wie ich mir beim Komplexititätshorror Hearts of Iron einst etwas mehr von der Zugänglichkeit eines CEaW gewünscht hätte, hätte mir bei CEaW aber deutlich mehr Hearts of Iron gewünscht. Strategen sind hier unterfordert, Genrefremde kriegen keine lohnenswerten Leckerlis, Spieler des 21. Jahrhunderts werden von der Präsentation enttäuscht sein. Da helfen die wenigen spannenden Momente auch nichts, in die man im Verlauf des Spiels gerät. Wenn man im letzten Moment die Vernichtung Moskaus verhindert, indem man mit britischen Truppen Berlin einnimmt und so Deutschland zur Aufgabe zwingt, dann ist das zwar ein erhebendes Gefühl, aber die stundenlange, trockene Arbeit von zuvor vergisst man dadurch nicht.

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