Gerade noch kommt eine Demo zu einem potentiellen Top-Titel aus dem Hause Ion Storm und Eidos, da scheint es wieder einmal zu kriseln. Diesmal ist sogar eine komplette Auflösung des Studios möglich, zumindest wenn man sich die in den vergangenen Wochen geschehenen Ereignisse näher betrachtet. Was läuft schief bei Ion Storm? Ein Report über einen vielleicht gescheiterten Traum…
So berichten die Kollegen von Shacknews.com, dass einige Entlassungen seitens Eidos bei Ion Storm vorgenommen wurden. Ion Storm gehört dem Publisher Eidos. Unter den Entlassenen könnte sich sogar Warren Spector befinden. Gerüchteweise hat er die Firma von sich aus verlassen. Er ist der eigentliche Kopf des bekannten Entwicklerteams. Eidos dementierte Spector’s Abgang aber in einer ersten Stellungnahme. Die massiven Entlassungen wären normal, da man gegen Ende einer Entwicklung immer mehr Mitarbeiter brauchen würde, als zu Beginn, und für viele deshalb im Moment einfach keine sinnvollen Arbeitsaufgaben zu finden wären.
Rekapitulieren wir: Anfang April machte ein Gerücht die Runde, wonach der Projektleiter von Deus Ex: Invisible War, Harvey Smith, seinen Hut genommen hatte. Immerhin sechs Jahre wirkte er kreativ auf die Recken von Ion Storm ein. Nur kurze Zeit später verließ auch sein Bruder Randy Smith das Team um Warren Spector. Randy Smith war zu diesem Zeitpunkt der Projektleiter zu Thief: Deadly Shadows.
Nun also auch noch Spector? Bisher ist nichts bestätigt. Doch es ist ein offenes Geheimnis, dass es um die Beziehung zwischen Ion Storm und Eidos nicht gerade zum besten bestellt ist. Angeblich versucht Eidos zu oft in das "Werk" hinein zu pfuschen. Randy Smith verließ Ion Storm angeblich wegen interner Differenzen, die letztendlich genau auf dies hindeuteten.
Was aber soll Eidos machen? Obwohl Ion Storm ohne Frage zu einem der besten Entwicklerstudios auf dieser Welt zählt, verkauften sich ihre Produkte nur mittelmäßig. Nehmen wir z.b. Deus Ex. Nicht nur von der Fachwelt wurde der etwas andere Shooter hoch gelobt. Auch bei den Besitzern fand das Spiel Zustimmung. Das Problem war nur, dass es zu wenige von diesen Besitzern gab, sich das Spiel also nur schwach verkaufte. Hinter den Erwartungen zurück blieb allerdings dann auch der zweite Teil.
Selbst das unter "Insidern" sehr beliebte Anachronox ist bis heute eher ein Ladenhüter, obwohl eine relativ große Fangemeinde für den schrägen Adventure-RPG-Mix vorhanden ist. Lead Designer Tom Hall verließ nach der Fertigstellung des Spiels ebenso das Unternehmen wie John Romero, der das gute, aber vollkommen belächelte Daikatana einfach zu spät in die Läden stellte.
Die Entscheidung, ob der Hohn damals angesichts der Verschiebungen von Duke Nukem Forever, Half-Life 2 und zahlreichen anderen aktuellen Projekten gerechtfertigt war, sei jedem selbst überlassen.
Übrigens hatte man im Februar 1998 bereits einen Nachfolger zu Daikatana geplant, der von Human Head entwickelt werden sollte. Das mittlerweile nicht mehr ganz unbekannte Studio wurde dafür mit einer Finanzspritze und der Lizenz zur Unreal-Engine ausgestattet. Daikatana 2 war das erste Projekt der aus ehemaligen Raven-Mitarbeitern geformten Firma, sollte aber niemals erscheinen. Human Head entwickelte daraufhin Rune, ein sehr gelungenes Actionspiel mit Epics UT-Engine und einem unverbrauchten Szenario im Rahmen der nordischen Mythologie.
Vollkommen verdient in den Läden zurückgelassen wurde übrigens nur Dominion: Storm over Gift 3. Das enttäuschende, isometrische Strategiespiel sorgte nach seinem Release auch für Aufregung, da es von Ion Storm angeblich nur eingekauft und veröffentlicht wurde, damit man eine Vertragsoption mit Eidos möglichst rasch loswerden konnte. Im vielleicht talentiertesten Spielestudio der letzten Jahre war also schon immer genügend Konfliktstoff, vor allem mit dem britischen Publisher, vorhanden.
Möglich ist natürlich auch, dass Eidos generell in nächster Zeit zu sparen hat und zwar dank der Flops der letzten Zeit. Da hätten wir zum Beispiel den neusten Tomb Raider-Teil, der in der Presse belächelt wurde, zuviel war einer Lara einfach nicht würdig und auch die Steuerung war mehr ein Witz. Genauso bei der neusten Auskoplung der Commandos-Reihe. Abzuwarten bleibt, wie es Hitman: Contracts ergehen wird. Zwar kassierte das Spiel allgemein recht hohe Wertungen, ist aber der Ansicht vieler Redakteure nach, nicht mehr als ein Remake, dass sein Geld nur teilweise wert ist.
Ganz tragisch verlief es bei Republic: The Revolution. Als innovativer Polit-Strategie-Knüller angekündigt, war die Enttäuschung groß, als festgestellt wurde, das aus dem tollen Spiel eine Ente gemacht wurde. Trotz Niedrigpreis, blieb das Spiel im Laden liegen.
Jetzt müssen wir also sehen, was weiter mit Ion Storm geschieht. Einigen Gerüchten nach wird das Studio weiterhin bestehen, allerdings unter neuem Namen und mit neuer Strategie. So sollen sich die Jungs nur noch auf PS2-Titel spezialisieren. Angeblich ist schon ein Deus Ex: Online-Titel in Planung, der aber nur für die Sony-Konsole erscheinen soll. Auch an der Entwicklung des nächsten Tomb Raider-Teils sei Ion Storm zumindest beteiligt, so hartnäckige Gerüchte.
Schade wäre dies allemal. Denn trotz alle den Problemen, haben die Mannen von Ion Storm bisher immer feine Produkte abgeliefert. Sollte sich das PS2-Gerücht bewahrheiten, so wäre das ein harter Schlag für die PC-Sektion. Das als Traumprojekt gestartete Ion Storm wäre endgültig gescheitert…