GC = GAMEScom

So schnell kann der Wind sich drehen. Beklagten wir uns Anfang des Jahres noch über das <a href="http://d-frag.de/blog/2008/01/03/groesse-ist-alles" target="_blank">Ende des sinfonischen Eröffnungskonzertes der GC</a>, sieht es inzwischen so aus, als sei Produzent Thomas Böcker mit den WDR-Konzerten nur schon vorgefahren – in die Stadt, in der zukünftig Europas größte Messe für Video- und Computerspiele stattfinden wird.

Von einem Umzug der GC kann man dabei kaum reden. Die Games Convention ist ein Kind der Leipziger Messe, in Leipzig entstanden zu einer Zeit, als kein anderer Messestandort in Deutschland Interesse an einer solchen Veranstaltung hatte. Sie hat sich prächtig entwickelt und ist mit zuletzt 185.000 Gästen auf Augenhöhe mit dem aktuellen Platzhirschen in Köln: der Motorradmesse INTERMOT mit rund 187.000 Besuchern, die übrigens auch keine Eigenentwicklung, sondern aus München abgeworben worden ist. Der Erfolg der GC weckte schon vor Jahren Begehrlichkeiten an anderen deutschen Messestandorten. Und nun haben sich die im Branchenverband BIU organisierten größeren Aussteller entschieden, statt der Games Convention ab 2009 die neu zu gründende Spielemesse der Kölner zu besuchen, vorrangig wegen des größeren Einzugsgebietes.

Das Problem ist, wie man den Erfolg der Games Convention nach Köln transferiert, ohne mit dem Namen und dem Konzept umzuziehen, die beide den Leipzigern gehören. Bisher löst man es, indem man vollmundig von »Umzug« redet – was funktioniert – und indem man der neuen Messe einen Namen verpasst, der sich möglichst ebenso mit »GC« abkürzen lässt. Letzteres funktioniert eher nicht so prima. Zuerst meldete die Leipziger Volkszeitung, die Kölner Videospielemesse würde »games.dot.com« heißen, was in diversen Foren schnell zu »games dot dot dot com« und »games.dotcomtod« verballhornt wurde. Dann schien die FAZ zu wissen, die Messe solle auf den Namen »Games Con« getauft werden. Das war zwar schon näher an der Wahrheit, enthielt allerdings einen hübschen Freudschen Verschreiber: »con game« bezeichnet immerhin eine ziemlich miese Art von Betrügerei.

Tatsächlich hört die neue Messe auf den Namen »GAMESCom«. Dass sich das mit »GC« abkürzen lässt, ist auch schon das Positivste, was man darüber sagen kann. Wofür soll das »Com« stehen? »Comeback«?

Hoffen wir, dass die kommende Kölner Spielemesse nicht nur die billige Games-Convention-Kopie wird, die der Name vermuten lässt. Auch wenn das schwer fällt bei all dem, was der Geschäftsführer der Koelnmesse aktuell absondert:

«Wir sehen die Entscheidung für Köln nicht als eine Entscheidung gegen Leipzig, sondern für Deutschland», sagte Kuhrt. «Wenn die Games Convention nicht aus Leipzig wegginge, wäre die Gefahr ganz groß, dass eine andere internationale Metropole das Thema aufgreifen und eine eigene Messe organisieren würde.» Deshalb sei es nötig gewesen, einen neuen Standort zu suchen. (<a href="http://www.derwesten.de/nachrichten/2008/2/25/news-26072883/detail.html" target="_blank">DerWesten</a>)

Hat er mit der Aussage noch Recht, dass unabhängig vom konkreten Veranstaltungsort vor allem wichtig ist, dass Europas größte Video- und Computerspielemesse in Deutschland bleibt, so ist der Schluss, dass ein Verbleiben der Messe in Leipzig langfristig deren Erfolg gefährden würde, doch absoluter Blödsinn. Welche andere »internationale Metropole« sollte denn das sein? Etwa eine noch internationalere Metropole als London, gegen deren etablierte ECTS die Games Convention in ihren Anfangsjahren recht erfolgreich antrat? Eine noch internationalere als Los Angeles, deren E3 letztendlich an ihrer Übergröße zugrunde ging?

Es ist nicht so, als hätte die Games Convention in den nächsten Jahren große Konkurrenz zu erwarten. Die wirklich großen Konkurrenten hat die Leipziger Messe bereits überlebt.

Bei aller Symphatie für Leipzig sei aber auch nicht verschwiegen, dass es einige gewichtige Gründe für Köln gibt. Auch wenn Leipzig per Auto, Bahn und Flugzeug gut zu erreichen ist, die hohe Bevölkerungsdichte im Ruhrgebiet eröffnet ein ganz anderes Wachstumspotential für die Messe, die plötzlich für deutlich mehr Spieler weniger als eine Stunde Bahnfahrt entfernt stattfinden wird. Die Messehallen sind ein weiterer Punkt: In Köln ist deutlich mehr Ausstellungsfläche vorhanden. Zustände wie an den bisherigen GC-Wochenenden sind dort vorerst nicht zu erwarten. Zwar hat man sich in Leipzig um eine Verbesserung der Situation bemüht, aber letzten Endes zu wenig getan, und das Wenige kam viel zu spät.

Eine Messe lebt auf Dauer schließlich auch von den Besuchern, denen es so gut gefällt, dass sie in den kommenden Jahren wieder kommen. Würde ich die Games Convention nur von den Messewochenenden der letzten beiden Jahre kennen, ich würde mir das Gedränge nicht noch ein weiteres Mal antun wollen. Und das, obwohl die GC ihre selbstgesteckten Ziele im letzten Jahr verfehlt hat: Mit 185.000 Besuchern kamen nur zweitausend Gäste mehr als im Vorjahr, von der angestrebten 200.000er-Marke war man noch ein gutes Stück entfernt. Die Fragen, ob eine GC in Leipzig nicht auf diesem hohen Niveau stagnieren würde und ob Besucherzahlen über Zweihunderttausend in Leipzig überhaupt mit vertretbarem Aufwand zu schultern wären, werden für den BIU bei seiner Entscheidung sicher eine wichtige Rolle gespielt haben.

Die Frage für uns Besucher ist, ob man sich lieber mit einhundertachzigtausend oder mit zweihundertfünfzigtausend anderen Spielern um die begehrten Plätze an den Konsolen und PCs drängelt. Denn mehr Ausstellungsfläche bedeutet nicht automatisch, dass die Stände vergrößert werden und mehr Bildschirme und Spielgerät aufgestellt werden. Wahrscheinlicher ist da schon, dass die Chance, das heiß erwartete Hypespiel selbst anspielen zu können, von »klein« auf «nicht vorhanden« sinkt. Ebenso wie meine Motivation, bei solchen Aussichten von 2009 an für die GC nach Köln zu kutschen.

Was aus der GC Developers Conference und der GC Asia wird, scheint momentan noch offen zu sein, ebenso wie die Frage, ob und in welcher Form die Leipziger Messe die Games Convention vielleicht auch ohne BIU weiter betreibt. Auf eine allzu nachtragende Haltung hoffe ich freilich nicht. Egal, ob man persönlich Leipzig- oder Köln-Verfechter ist: Zwei halbgare Spielemessen zur gleichen Zeit kann niemand ernsthaft wollen.

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Der Artikel von Christoph Winkler erschien unter CC-Lizenz bei <a href="http://d-frag.de/blog/2008/02/25/gc-gamescom" target="_blank">d-frag.de</a>

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