Zweischneidiges Schwert?

In letzter Zeit mangelt es der Welt sicherlich nicht an guten Rollenspielen. Oblivion setzte zwar nicht in Sachen Spielwelt, dafür aber in optischen Dingen neue Maßstäbe und Gothic 3 machte trotz seiner hohen Bugdichte Spaß. Trotzdem hat das neueste Werk von Entwickler Reality Pump an der Spitze der Verkaufscharts festgesetzt und nach einigen Stunden Spiel und Abenteuer präsentieren wir euch unser Fazit.

Das Szenario und die Hintergrundgeschichte gehören sicherlich nicht zum dem Originellsten, was die Rollenspielwelt bisher gesehen hat. Im Fantasy-Reich Antaloor herrscht Krieg – und zwar die Art von Krieg. Menschen und Orks bekämpfen sich bis aufs Blut, beide Seiten warten auf eine endgültige Entscheidung der Schlachten, die letztendlich, welch Überraschung, durch den Spieler herbeigeführt werden soll. Bevor wir jedoch in das Abenteuer aufbrechen können, gilt es einen Charakter zu erstellen. Anders als in Oblivion wo wir jeden noch so kleinen Teil unseres Schützlings verändern konnten, können wir in Two Worlds nicht einmal das Geschlecht wählen und auch die Auswahloptionen in Kategorien wie Haare oder Nasengröße machen wenig Unterschied – letztendlich sieht sich jeder Held am Ende sehr ähnlich. Der Einstieg in die Geschichte von Two Worlds ist recht flott: Wir starten als Kopfgeldjäger, der der eines Tages mitansehen muss, wie seine Schwester entführt wird. Ein mysteriöser Mann in Kapuze gibt dann den Tipp, dass das Verschwinden der Dame mit einem mysteriösen Amulett zusammenhängt, und eben dieses ist im Reich verschollen – was natürlich eine Odyssee einmal quer durch Antaloor nach sich zieht. Die Spielwelt Antaloor ist in der Tat gigantisch groß. Die Entwickler beziffern die Größe mit stolzen 55 Quadratkilometern. Kein Wunder, dass schon nah am Anfang des Spiels ein Pferd als Belohnung wartet, mit welchem man größere Entfernungen etwas leichter bewältigen kann.

Die Steuerung und Kollisionsabfrage des Kleppers sind dagegen eher entäuschend. Oft bleiben wir an unsichtbaren Wänden hängen oder haben mit zu großen Hitboxen von Bäumen zu kämpfen.

Die Charakterentwicklung ist in meinen Augen eine der großen Stärken des Spiels, denn sie gestaltet sich weitgehend frei. Anders als in anderen Genrevertretern wählen wir anfangs nämlich keine Klasse, sondern bestimmen im Laufe des Spiels selbst, in welche Richtung sich unser Charakter entwickeln soll. Mit jedem Levelaufstieg dürfen die erhaltenen Fähigkeitenpunkte in verschiedene Kategorien verteilt werden und dadurch spezielle Fähigkeiten ausgebildet werden. So werden Hybridklassen zum Kinderspiel.

Insgesamt begeistert Two Worlds mehr durch Masse als Klasse. Die Spielwelt ist riesig und umfangreich, ihr mangelt es aber stellenweise am Feinschliff. Quests sind also massenweise vorhanden, meist handelt es sich allerdings um typische Sammeln-&-Abliefern-Aufgaben. Mit NPC´s wird ebenfalls nicht gegeizt, die Gespräche mit für die Story unwichtigen Charakteren wiederholen sich allerdings leider viel zu schnell und langweilen nach kurzer Zeit. Ebenso zweischneidig sieht es mit der Optik aus. In großen Teilen, nämlich in den Außenarealen macht die Engine einiges her. Dabei kommt sie angenehm flott daher – selbst mit schwächeren Rechnern kann Two Worlds gespielt werden. Wetterffekte oder Detailreichtum gefallen durch die Bank. Anders sieht es leider bei den Dungeons und den Innenräumen der Häuser aus, die sich allesamt ähneln und recht eintönig daher kommen. Es ist nicht so, dass das Spiel keinen Spaß macht, ganz im Gegenteil. An einigen Stellen bekommt man aber schnell den Eindruck, dass die Entwickler noch ein paar Wochen mehr Entwicklungszeit benötigt hätten, um die eigenen hochgestecken Ziele auch vollständig zu erreichen. Besonders der Multiplayer-Modus macht selbst nach mehreren Patches noch Probleme und ich hatte mit Verbindungsunterbrüchen und Lags zu kämpfen. Hier wird allerdings Nachbesserung versprochen.

Letztlich kann man durchaus Paralelen zu Gothic 3 erkennen. Technische Mankos, teils stereotype Quests und monotone Dungeons zehren an der Motivation, Oblivion bleibt für mich weiterhin an der Genrespitze. Trotzdem kann Two Worlds für mehrere Stunden gute Unterhaltung liefern. Der Spielumfang ist gigantisch, die Außenareale wunderschön anzusehen, die Charakterentwicklung vielfältig. Wer nicht utopische Ansprüche an den Titel stellt, dem sollte ziemlich sicher eine spannende Zeit in Antaloor bevorstehen.

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